Pünktlich zum Relaunch von Schule der Rockgitarre meldet sich hier ein Mann zu Wort, der bisher nur durch seine Optik aufgefallen ist. Also durch seine wunderbaren Illustrationen auf dieser Seite! Ladies and Gentlemen, we proudly present: unseren Grafiker Patrick Dietl bei seinem Autoren-Debüt! Als Thema hat er sich die Entstehungsgeschichte bekannter Band-Logos ausgesucht:
Was hätte das 1971 für einen Aufschrei gegeben, wären die Rolling Stones mit einem Plakat auf Tour gegangen, auf dem das aktuelle Queens-Of-The-Stone-Age-Logo geprangt hätte? Oder vielleicht auch nicht. War die Zeit damals nicht sowieso total sexualisiert, so dass es schlicht völlig logisch war, Mick Jaggers Lippen und Zunge zu skizzieren? Vermutlich war es nicht einmal das Megatraumprojekt für John Pasche, der von einem Kommilitonen das Stones-Projekt rübergeschoben bekam, weil der an etwas wichtigerem saß. Doch hey, es gab 50 Pfund und Pasche konnte seine Miete bezahlen. Dass er ein weltberühmtes Signet schaffen würde, konnte damals ja noch keiner ahnen. Denn ursprünglich sollte die Zunge nur der optische Teaser für eine Tour werden.
Runtergerechnet hat der Angestellte Gerard Huerta im April 1977 sicher auch nicht mehr bekommen, als er in Fließbandarbeit ein Plattencover nach dem anderen gestaltet hat. Und dabei das wahrscheinlich am zweihäufigsten gedruckte T-Shirt-Motiv aller Zeiten entstehen ließ. Doch offenbar stand Huerta ähnlich unter Strom wie die die Band AC/DC selbst (AC/DC ist die englische Bezeichnung für Wechsel-/Gleichstrom), als er ans Werk ging. Der Blitz war genau das – ein Geistesblitz, aber für die Buchstaben holte er sich die Inspiration bei keinem Geringeren als Gutenberg (dem Erfinder des Buchdrucks). Herausgekommen ist eine Typographie, die komplett aus geraden Linien besteht. Ein Meilenstein? Ich finde ja, doch Huerta nennt es bis heute ein "geistiges Abfallprodukt". Unfassbares Understatement!
Ein Geistesblitz stand auch beim nächsten Band-Logo Pate. Und dafür war noch nicht einmal ein Grafik-Profi nötig. Als Gitarrist Ace Frehley zur Band "Wicked Lester" stieß, fand er den Namen wohl etwas ungeschmeidig. Vielleicht hatte man ihm aber auch eine Woche Küchendienst angedroht, wenn er nicht flott mit einer gangbaren Alternative rüberkommt. Neu sein und gleich meckern kommt schließlich nicht gut. Druck ist ja bekanntlich ein unglaublicher Kreativitätsbeschleuniger, und so schnappte sich Frehley einen dicken Filzmarker und kritzelte kurzentschlossen KISS über das Wicked Lester-Plakat. Übrigens soll das in Deutschland verpönte Doppel-S keinesfalls einer faschistischen Ideologie entsprechen, sondern schlicht zwei Blitze symbolisieren. Und wer einmal die Bühnenshow von KISS gesehen hat, kann dieses Argument problemlos nachvollziehen.
Was man diesen Bands auf keinen Fall vorhalten kann, ist Austauschbarkeit. Auch wenn die Logos natürlich einer gewissen zeitgeistlichen Strömung entsprechen (schaut euch die Signets von Iron Maiden, Metallica oder Thin Lizzy an), sind sie doch immer einzigartig und echte Marken.
Die aktuellen Bands sind wahrscheinlich ein bisschen mediengerechter aufgearbeitet – auch wenn ich mir wirklich nicht vorstellen kann, dass meine Enkel 2036 mit einem Queens Of The Stone Age Shirt auf ihren Hoverboards um die Häuser schweben! Heutzutage steht eher das Cover Design im Vordergrund und nicht mehr das Logo, so dass unsterbliche Klassiker immer unwahrscheinlicher werden. (pd)
Schein und sein
Kleider machen Leute! Logos machen Bands? Unbedingt, wobei ein bisschen gute Mucke auch nicht schadet ...
AC/DC, Ace Frehley, Gerard Huerta, Iron Maiden, John Pasche, Kiss, Metallica, Queens of the Stone Age, Rolling Stones, Thin Lizzy