"Coney Island Winter" ist der beste Song von Bruce Springsteen, den er nicht geschrieben hat – sagt das National Public Radio. Recht haben sie! Den Autor der Nummer, Garland Jeffreys, dagegen kennt kaum jemand. Das soll sich mit dem ersten Lebenszeichen nach 13 Jahren aber jetzt ändern. Andreas Babiak hat sich auf die Spuren des Rock-Phantoms begeben.
Mit seinem Album "Ghost Writer" (1977) und seinen Kulthits "Wild In The Street", sowie "Matador" wurde der New Yorker auch in Deutschland bekannt. Doch in den letzten Jahren war es sehr still um den Rocker. In dieser Zeit hat er sich um seine Tochter und deren Erziehung gekümmert: "Mit ihr durch den Stuyvesant Park zu spazieren, sie jeden Morgen zur Vorschule zu bringen, mit ihr aus vollem Hals zu singen, all das hat mir meine Zeit sehr wertvoll gemacht. Ich wollte einfach für sie da sein." Jetzt ist die Kleine so groß, dass Papa wieder Gas geben kann und will. Auch wenn er die 60 schon überschritten hat, hält ihn nichts davon ab, jetzt noch um die Welt zu touren. Auch seine Texte haben sich nicht groß geändert: es geht um das Leben, um seine Stadt New York, um Kritik an sozialer Kälte und Ungerechtigkeiten. Er erzählt auch ganz persönlich von den Weisheiten, die ihm seit Vater mit auf den Weg gab und die er jetzt auch seiner Tochter mitgibt: "You gotta be streetwise, kid, you gotta watch yourself out there." Alles eingebettet in eine zeitlose Musik, die sich im Kopf festsetzt und gelebt werden will.
Seine Platte "The King of In Between" ist wunderbar kurzweilig, beschwingt und rockig. Jeffreys sagt es geht um all die Menschen auf der Welt, die durch die Maschen fallen – und auch er gehört dazu. Musikalisch fließen viele Elemente mit ein, jeder Song hat seine Geschichte. Mal klingt es etwas nach Blues, mal nach Reggae, doch der Rock ist und bleibt trotz seines Alters das Steckenpferd von Jeffreys. Mit dem Titel "I'm Alive" setzt er ein Zeichen: angegraut, jahrelang weg von der Bühne und jetzt wieder voll da! Respekt. Und die Platte geht genauso überraschend weiter: ein unkonventioneller Hit nach dem anderen.
Im Deutschlandfunk sagte er, er hoffe, dass Mick Jagger und Keith Richards Humor haben. Damit spielt er auf seinen Ohrwurm "The Contortionist" an. Dem Song ist eine Ähnlichkeit zum Rolling Stones Lied "Miss You" nicht ganz abzusprechen. Aber das macht nichts. Schließen wir uns dem Plädoyer des FAZ-Feuilletons an: "Garland Jeffreys hat damit das Rocklied des Jahres vorgelegt: 'Doo doo doo doo doo doo doo doo', mehr muss man dazu gar nicht sagen."
Auch auf der neuen Platte sind die Texte meist gesellschaftskritisch und politisch. Er singt über die USA nach der Finanzkrise, über die eigene Sterblichkeit und über Politiker, die ihm den Allerwertesten küssen können. Insgesamt ein wirklich besonderes Werk, das Garland Jeffreys geschaffen hat. Seit Mai ist "The King of In Between" erhältlich – wir empfehlen: reinhören. (ab)