Unerkannt bleiben - welchem Star ist das schon vergönnt? Wer sich im Musikbusiness etwas Privatsphäre erhalten möchte, der versteckt sich hinter einer Maske. Nebenbei verschafft die außergewöhnliche Verkleidung auch noch zusätzliche Publicity. Das Gesicht zu verstecken, mitunter gar den ganzen Körper in einem Kostüm zu verwahren, hat mittlerweile tatsächlich mehr Bands fasziniert als man vielleicht annehmen mag. Jacky Pitz hat buchstäblich hinter die Kulissen geschaut.
Anfang der 70er Jahre konnte man mit ausgefallenen Bühnenoutfits noch für Aufsehen sorgen. KISS war die erste Band, die sich medienwirksam verkleidete und dadurch die Aufmerksamkeit bekam, nach der sich die vier Musiker sehnten. Die für jede "Bühnenfigur" festgelegte Maskerade reichte aus, um bis Anfang der 80er unerkannt durchs Leben zu gehen. Dann beschlossen sie nämlich, dass es an der Zeit sei, sich der Weltöffentlichkeit "in Zivil" zu präsentieren. Dennoch gehört die charakteristische Schminke bis heute zu ihrer Show und darf bei keinem Auftritt fehlen.
Richtet man sich nach der Chronik, dann tritt die finnische Metal-Band Lordi ab 1992 als nächste wirklich maskierte Band auf den Plan. Wirkliche Größe in Europa erreichten sie zwar erst mit ihrem Auftritt - und Sieg - beim Eurovision Song Contest von 2006, in Finnland waren sie jedoch bereits vorher bekannt. Die Mitglieder verhüllen sich komplett und stellen dabei jeweils eine andere Figur dar, darunter sind eine Mumie, ein Zombie sowie eine Puppe. Sänger "Mr. Lordi" trägt zudem Plateauschuhe mit 20cm Absätzen und Fledermausflügel, die seine ohnehin schon imposante Erscheinung noch zusätzlich unterstreichen.
Gehen wir weiterhin chronologisch vor, so erscheinen ab 1995 weitere - zunächst sechs - maskierte Figuren in der Musikwelt. Slipknot nennt sich die Band aus Iowa, die mit ihrem Metal-Sound und den versteckten Gesichtern eine neue Ära einleitete. Mittlerweile hat die Band ihren Stil gefunden, war auf zeitweilig neun Mitglieder angewachsen und hat eine Bühnenpräsenz, die zum Markenzeichen geworden ist. Dabei trägt jeder Musiker eine Nummer (von 0 bis 8), einige haben Künstlernamen und jeder eine spezifische Maske. Diese sollen jeweils den Charakter des Trägers darstellen und wurden mit der Zeit den besonderen Eigenheiten angepasst.
Vergleichsweise neu in der Szene ist wieder eine nordische Band, Ghost aus Schweden. Auffällig ist, dass sich auch diese Gruppe auf Metal-Klänge spezialisiert hat. Um komplett anonym zu bleiben, haben die Bandmitglieder nicht einmal einen Künstlernamen, sondern werden einfach mit "A Nameless Ghoul" betitelt. Eine Ausnahme bildet der Sänger "Papa Emeritus", welcher mit der jeweils angeschlossenen römischen Ziffer angibt, der wievielte seiner Art er ist - bis dato gab es drei. Mit schwarzen Habiten - Ordenstrachten von Mönchen - stehen die Musiker auf der Bühne. Der Sänger hingegen trägt ein reich verziertes Gewand mit auf dem Kopf stehenden Kreuzen, eine Mitra und ein Weihrauchfass bei sich.
Auch Solokünstler anderer Genres erfreuen sich immer häufiger an einer solchen Maskerade, wenn auch durchaus etwas minimalistischer. Zu den populärsten Künstlern mit einer maskierten Bühnenpräsenz zählen dabei Marilyn Manson, Cro und Sido, auch wenn dieser mittlerweile seinen silbernen Totenkopf abgelegt hat.
Die Frage bleibt, warum sich Musiker komplett verhüllen wollen, sobald sie eine Bühne betreten. Sind es wirklich nur die gesteigerte Medienpräsenz und der Schutz der Privatsphäre? Oder vielleicht doch auch der Reiz, einen Auftritt lang in eine andere Rolle schlüpfen zu können? Wie der Joker aus Batman konstatierte: Gib einem Menschen eine Maske und er wird sein wahres Ich zeigen. (jpi)