Lange wurde sie gesucht, aber gefunden hat man sie immer noch nicht, die gute Helga. Doch who the f**k ist diese Frau? Tatsächlich wurde die Dame aber schon vor einigen Jahrzehnten auf dem Open Air St. Gallen von ihrem Mann mit lauten Rufen gesucht und man weiß bis heute nicht, ob er sie gefunden hat. Und inzwischen ist es fast ein Brauch, dass Festival-Besucher bis heute lauthals – auch nachts um vier – nach ihr rufen. Helga, Pardon, Laura Fiegenschuh hat das beim 28. Rock am Ring erlitten:
Außer Helga hat natürlich auch der Ring selbst Tradition – doch die verwässert leider immer mehr und ich fragte mich ernsthaft, ob sich ein Besuch überhaupt noch lohnt. Denn statt echter Rocker sieht man an allen Ecken nur noch Modepüppchen und Hipster-Jungs. Fast schon ein Wunder, dass kein Club-Mate statt Bier verkauft wurde. Mit anderen Worten: Man sollte die Veranstaltung umbenennen in "Mischmasch am Ring". Aber mit fünf Headlinern an drei Tagen war dann wenigstens musikalisch einiges geboten.
Allen voran 30 Seconds to Mars: Frontmann Jared Leto sieht aus wie Jesus und sucht sich seine Show-Inspirationen sogar im Alten Testament. Indem er nämlich das Publikum vor der Centerstage teilt und durchläuft wie Moses das Meer. Sehr interessant. Und ein Menschenfreund ist Herr Leto auch, denn am Schluss bat er noch die Single-Frauen, das Zelt offen zu lassen. Immerhin sei er im richtigen Alter, um über Nachwuchs nachzudenken. In meinem Zelt war er jedenfalls nicht! Tja. Musste ich mich seinem Auftritt begnügen, aber live ist die Band wirklich sehenswert.
Ein weiterer Headliner, der mich jedes Jahr aufs neue begeistert ist Volbeat. Ja, das ist ROCK! Da verspürt man direkt den Drang, den Zopf zu lösen und wie wild zu headbangen! Mehr muss ich nicht sagen, die Dänen können's einfach!
Auch für die Indie Fans war was dabei, die Killers nämlich. Für das weibliche Publikum besonders ansprechend: Brandon Flowers. Ja ja ich weiß, es geht hier eigentlich um die Musik. Aber Herr Flowers in Lederjacke sollte dringend gewürdigt werden! Abgesehen davon, dass diese Band wirklich jeder mindestens einmal live erlebt haben sollte. Das ist Entertainment! Und auf der Bühne sind die Rocker aus Las Vegas noch deutlich besser als auf der Platte. So soll es sein!
Neben diesen Highlights, den Imagine Dragons und Papa Roach, gab's aber auch deftige Enttäuschungen. Darunter leider: Limp Bizkit! Was aber nicht an der Nu-Metal-Band selbst lag, sondern an der Technik. Stand man etwas zu weit vom zweiten Wellenbrecher entfernt, war so gut wie nichts von der Musik zu hören. Schon doof, wenn man statt "Rollin'" die Nummer "Bettina pack deine Brüste ein" von Fettes Brot hört! Mal abgesehen davon, dass die Jungs um Fred Durst nichts auf der Alternastage zu suchen haben, sondern ein wunderbares Vorprogramm für den Headliner gewesen wären, war das einfach nur ärgerlich! Und ganz ehrlich, wenn besagte Modepüppchen während des Konzerts in der Menge sitzen, ist die Musik definitiv zu leise!! Schade eigentlich, denn Limp Bizkit sind normalerweise mehr als sehenswert!
Ein Riesenaufreger unter sämtlichen Ringrockern: Cro auf der Centerstage. Ja, ein alter Hut, aber wenn sich Herr Pandamaske auch noch zehn Minuten bitten lässt und dann noch ein langwieriges Intro hat, dann ist das wirklich übertrieben. Schließlich ist er nicht Mick Jagger! Aber den kennen die ganzen Hipster ja eh nicht. Aber auch wenn der Auftritt völlig deplatziert war, gut war er trotzdem. Das sollte man dem Stuttgarter lassen.
Nürburgring ja, Nürburgring nein, das war im Vorfeld das große Thema. Nach langen Kontroversen stand schließlich fest: Rock am Ring findet zumindest 2013 und 2014 auch am Ring statt. Alles andere wäre lächerlich. Laut des Sprechers der Nürburgring GmbH, soll die Location auch für die nächsten Jahre gesichert sein. Hoffen wir mal, dass das der Wahrheit entspricht! Und hoffen wir weiter, dass die Organisatoren dann bessere Arbeit leisten, denn was soll man davon halten, wenn nach dem Headliner-Konzert der Weg zum Hauptausgang gesperrt ist? Da konnte man froh sein, dass unter dem alkoholisierten Publikum keine Massenpanik ausgebrochen ist.
"Sind das die Killers oder springt die Platte!?" Das haben sich einige der Festivalbesucher sicherlich auch gefragt. Diese sprachliche Perle stammt aber aus dem Song "Scheiß in die Disco" der Chemnitzer Band Kraftklub. Für mich war der 45-minütige Auftritt einer der Höhepunkte. Ein Konzert der fünf Jungs macht einfach Spaß. Man ist danach geschwitzt, vermutlich heiser aber: glücklich. Für mich eine der besten Newcomer Bands der letzten Jahre!
Würde ich nochmal zum Ring gehen? Das kommt wohl auf das Line-up an. Und ganz ehrlich liebe Leute: Denkt über die Benutzung der Bezeichnung "Rock" nach! Nicht alles was 'ne Gitarre im Schlepptau hat ist Rock! Und definitiv nicht jeder verkleidete Bär sollte auf die Centerstage geladen werden! (lf)