Maler oder Musiker? Eine erfolgreiche Band oder mehrere spannende Musik-Projekte? Muss man sich wirklich festlegen? Wes Borland meint "nein"! Nora Dominique Strüber hat den Ausnahmekünstler ins Visier genommen, dessen Leben von Zufällen und impulsiven Entscheidungen geprägt ist.
Ob seine Neigung zur Exzentrik nun ausgelöst durch seine Familiengeschichte ist oder ob ihm dieser Lebensstil einfach zusagt, bleibt letztendlich sein Geheimnis. Sein Vater jedenfalls war ein Mann des Glaubens; nach dem Umzug von Virginia nach Florida war er Pfarrer an einer presbyterianischen Kirche. Und die Hartnäckigkeit, mit der Borland an sein Talent glaubt und es umsetzt, ist auf jeden Fall bemerkenswert. Er ist nicht nur ein Multiinstrumentalist, sondern auch ein erfolgreicher Maler, der wahrscheinlich auch nur mit seiner Kunst über die Runden käme – so gut wie alle Coverarbeiten von Limp Bizkit stammen von ihm.
Bekannt wurde Wes Borland vor allem als schwarzäugiger (schwarze Kontaktlinsen!), exzentrischer Gitarrist von Limp Bizkit. 2001 verließ der die Band jedoch, weil ihm die Kollegen – seiner Auffassung nach – nicht genügend Freiraum zum Ausleben seiner Kreativität ließen. Bereits vor seinem Ausstieg quälte ihn dieses Gefühl der Beengtheit, und so gründete er die Band "Big Dump Face", um sich dort auszuleben. Das Gefühl der kreativen Beschränkung kannte er bereits, denn jahrelang nahm er aufgrund seiner Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) Ritalin ein. Als er das Medikament schließlich absetzte, um sich zu "befreien", hörte er gleichzeitig auch mit dem Rauchen auf. Derart entlastet versuchte er, zusammen mit seinem Bruder Scott Borland, das Band-Projekt "Eat the Day" auf den Weg zu bringen, was letztendlich aber daran scheiterte, das sie keine Frontsängerin fanden. In dieser Tiefphase begann er zusammen mit Danny Lohner von den "Nine Inch Nails" an einem Solo-Album zu arbeiten. Aus diesem Projekt heraus gründeten sie die Gruppe "The Damning Well", in der verschiedene etablierte Künstler zusammenarbeiteten. Borland spielte dort Gitarre, Danny Lohner den Bass, Josh Freese saß an den Drums, und Richard Patrick fungierte als Sänger.
All dies war aber scheinbar immer noch zu wenig für Wes Borland, weshalb er 2004 wieder zu Limp Bizkit zurückkehrte – um in Jahr darauf gleich wieder die Biege zu machen, denn das The Damning Well-Projekt wollte er nicht aufgeben. Mit dem Neuzugang von Josh Eustis von "Telefon Tel Aviv" benannten sie die Band in "Black Light Burns" um. Doch irgendwann konnte er dem Ruf von Limp Bizkit nicht länger widerstehen. War es die Gier nach mehr Aufmerksamkeit? Jedenfalls kehrte er 2009 (vorläufig) endgültig wieder zurück. Das Ergebnis? Wes Borland tanzt derzeit auf zwei Hochzeiten – bei Limp Bizkit und den Black Light Burns. Für den Moment jedenfalls scheint sein kreativer Hunger gestillt. Warten wir ab, was noch passiert... (nds)