Anlässlich seines 20. Todestages wollen wir uns mit einem ganz Großen der Musikgeschichte beschäftigen. Ipek Yalcin begab sich auf Spurensuche nach dem legendären Ende des Rock-Alphabets – und fand seinen Anfang:
Frank Vincent Zappa (21.12.1940 - 04.12.1993) war ein autodidaktischer Musiker, der in seiner mehr als 30-jährigen Schaffenszeit viele Meilensteine legte. Es ist schwer, seinen Stil zu beschreiben, weil er sich Elemente zahlreicher Genres zu eigen machte: hier etwas Jazz, dort etwas Rock. Und vielleicht noch eine Prise Klassik. Kunstvoller Rock musste es auf jeden Fall sein: wirr, satirisch, lustig und manchmal einfach nur absurd. Das beeinflusste viele Musikerkollegen, denn Zappas von der Norm abweichende Sound zog Querdenker einfach magisch an.
Bereits in jungen Jahren beschloss Zappa, Komponist zu werden. Er setzte sich dafür intensiv mit allerlei Musik auseinander und studierte sie im Detail. Sein fundiertes Wissen wird auch seinen Stil beeinflusst haben, der später zappaesk genannt wurde. Oftmals wandelte dieser auf einem schmalen Grat zwischen Ernsthaftigkeit und Humor, weshalb seine Texte häufig missinterpretiert wurden.
"Freak Out!" ist das 1966 erschienene Debüt von Frank Zappa und The Mothers Of Invention. Es gilt als eines der ersten Konzept- und Doppelalben der Rockmusik. Freak Out! erlangte Kultstatus in den USA, nachdem sich die Platte erfolgreich in Europa durchsetzte und letztendlich in der Liste der "500 Greatest Albums of All Time" Einzug erhielt.
Das Konzept von Freak Out! ist von der Musikszene in Los Angeles inspiriert und leistet eine kritische Auseinandersetzung mit der gegenwärtigen Gesellschaft. Eine exemplarische Auswahl soll das näher erklären:
Der erste Titel "Hungry Freaks, Daddy" klingt zunächst wie ein typischer 60s-Song, bis er durch den Hall des Kazoos unterbrochen wird – ein wirklich unübliches Instrument in der Rockmusik! Die Lyrics beziehen eine klare, linksgerichtete Position gegen eine schlechte Regierung und zeigen soziale Probleme auf: "Mr. America walk on by, your schools that do not teach, Mr. America walk on by, the minds that won't be reached."
"Who Are The Brain Police?" wiederum erweckt ganz und gar nicht den Anschein eines wiedererkennbaren Poptracks. Stattdessen macht er sich den Widerstand gegen die "Gehirn-Polizei" zum Inhalt, die keine Individualität in der Gesellschaft zulässt. Musikalisch werden dem Hörer ein seltsam klingender, langsamer Walzer und echoartige Stimmen geboten. Verwirrende Zeilen zu schmelzendem Plastik und Chrom folgen: "What will you do if we let you go home, and the plastic‘s all melted, and so is the chrome? Who are the brain police?"
Das wohl lyrisch bedeutungsvollste Werk des Albums ist "Trouble Every Day". Unterstützt durch den Klang von elektrischem Blues, dient er als Protestsong, der sich mit den Watts-Unruhen beschäftigt. Der Protest richtet sich gegen Ungerechtigkeiten wie Rassismus, Gewalt und sozialer Benachteiligung. "Well I‘m about to get upset // From watchin‘ my TV // Been checkin‘ out the news // Until my eyeballs fail to see". Gleichzeitig kritisiert Zappa die schlechte, sensationsgeile Berichterstattung der Journalisten, die nur schnell urteilt, statt den eigentlichen Wahrheitsgehalt zu prüfen. Zappa bezieht hier ganz klar Stellung und bleibt bei diesem Titel ernst. Er schreit lautstark in die Welt hinaus: "Hey you know something people // I‘m not black // But there‘s a whole lots a times // I wish I could say I‘m not white!"
Ungewöhnlich für ein Debüt, zählt Freak Out! definitiv zu Zappas Meisterwerken und ist zudem immer noch zeitgemäß, kein bisschen langweilig oder gar aus der Mode geraten. Außerdem hat es tiefe Spuren in der Rockgeschichte hinterlassen. Zappa beeinflusste unter anderem Alice Cooper, System of a Down und die Beatles: "Sgt. Pepper‘s Lonely Hearts Club Band" ist, wie Paul McCartney in einem Interview berichtete, eindeutig an Freak Out! angelehnt. (iy)