Überall wird einst Erfolgreiches wieder neu aufgewärmt – in Sport, Film und Fernsehen, in der Politik, der Mode und natürlich in der Musik. Das nennt sich dann "Comeback". Ein kleines, harmloses Wörtchen mit (manchmal) verheerenden Auswirkungen, denn gar nicht mal so selten geht eine Wiederauferstehung kolossal daneben. Davon können die Teenies der 80er-Jahre ein Lied singen, die sich jetzt wieder mit den ehemals geliebten Wurstpellen (=Leggins) konfrontiert sehen. Autsch! Nora Strüber hat sich mit dem zweiten Frühling in der Musikwelt beschäftigt:
Für Künstler kann ein Comeback ganz verschiedene Gründe haben. Vielleicht werden die alten, wilden Zeiten im schmuddeligen Tourbus vermisst. Oder sie sind in der Versenkung verschwunden, nachdem sie einmal kurz vom köstlichen Nektar des Ruhmes probieren durften, und wollen noch mal ein bisschen davon schlürfen. Oder es fehlt, ganz profan, einfach ein bisschen Kleingeld in der Haushaltskasse. Viele Bandmusiker sind nach einiger Zeit, in der sie nur Solo- Projekte machen, etwas einsam. Take That zum Beispiel hatten sich 1996 mit großem Trara getrennt. Und der Band-Rebell Robbie Williams startete daraufhin seine äußerst erfolgreiche Solo-Karriere. Zehn Jahre später vereinten sich Take That wieder, allerdings ohne Robbie, der zu dieser Zeit über der Frage brütete "warum liebt mich denn plötzlich keiner mehr?". Statt darauf eine schlüssige Antwort zu finden, kehrte er 2010 wieder in den Schoß der Take-That-Familie zurück. Zwischenfazit: mission accomplished!
Wenn es sich allerdings um finanzielle Gründe handelt, wie es bei den meisten sogenannten One-Hit-Wonders der Fall ist, merkt man es meistens sofort. Wer erinnert sich nicht an den großartigen Song "Lemon Tree" von Fool's Garden? Wahrscheinliche jeder! Und wer erinnert sich an die 2010 erschienene Single "Everywhere The Light Shines"? Genau! Die Diskrepanz zwischen Selbstachtung und dem Verkauf der (Musiker-) Seele wird überspielt, denn was zählt sind die Scheinchen. Diese Künstler finden auch nicht, dass sie sich noch groß anstrengen müssten. Der Produzent wird ihnen schon einen weiteren Hit auf den Leib schneidern. Dass das dann meistens in die Hose geht, weil sich keine Mühe gegeben wird, ist quasi vorprogrammiert.
Viele erfolgreiche Bands, die sich aufgelöst haben, plagt möglicherweise ein schlechtes Gewissen gegenüber ihren treusten Fans, denn irgendwie haben sie ja eine Art Verantwortung für ihre (oft sehr jungen) Anhänger. Sie waren Idol und Projektionsfläche. Dass diese jungen Fans zehn Jahre später erwachsen sind, muss beim Comeback-Versuch mit eingerechnet werden. Das kann gut klappen (Take That) oder gar nicht (die meisten anderen).
Neben gescheiterten Versuchen gibt es aber auch jene, die nicht ein Comeback hinlegen, sondern gleich mehrere hintereinander. Johnny Cash beispielsweise. Von Drogen und Alkohol gebeutelt war er oft völlig weg vom Fenster – und schaffte es doch immer wieder mit neuen Songs an alte Erfolge anzuknüpfen. Tot gesagte leben bekanntlich länger. In diesem Sinne verwundert es auch nicht, dass die größten Combacks nur posthum gelingen: Man denke an Elvis oder Michael Jackson. Seit er tot ist, verkauft er mehr Platten denn je.
Trotzdem, keiner muss sterben, um wieder Erfolg zu haben. Wenn alles passt, die Leidenschaft, die neue Platte und und die Lust am öffentlichen Leben, dann stehen die Chancen gut, dass auch die Fans wieder mit ins Boot kommen. Und einem gelungenen Comeback steht nichts mehr im Wege. (nds)