Der Trend zu kommerziell erfolgreichen Coverbands hat sich in den letzten Jahren immer weiter ausgebaut. Hat sich ein Künstler intuitiv für eine bestimmte Musikrichtung entschieden, gibt es kein Zurück mehr, denn Haut, Haar und Ohr haben sich schon zu sehr damit angefreundet. Die logische Konsequenz, wenn man noch keine eigenen Songs geschrieben hat, besteht nun darin, bereits existierende Lieder so umzuschreiben, dass sie in das persönliche Beuteschema passen. Doch nach und nach keimt dann der Mut und auch der Wunsch auf, dem Publikum selbst verfasste Songs zu präsentieren. Jacky Pitz hörte mal genauer rein.
Manchmal erwächst daraus auch eine nicht unansehnliche Karriere, so beispielsweise geschehen bei The BossHoss. Begonnen haben die Herren vor nunmehr zehn Jahren mit ihrer Platte "Internashville Urban Hymns", auf dem ausschließlich Coverversionen bekannter Songs wie "Seven Nation Army" oder "Hey Ya!" zu finden sind. Mit den nächsten Alben kamen auch selbst geschriebene Stücke, bis diese letztendlich überwogen. Zum diesjährigen runden Geburtstag der Band, haben die Jungs ein Doppelalbum aufgenommen, das wieder zehn gecoverte Songs enthält.
Ein genreübergreifendes Hantieren mit Musik ist für einen wirklich kreativen Kopf kein Problem. Das zeigt auch die Arbeit von The Baseballs, denn durch Coverversionen von großen Charterfolgen, besonders ihrer Variante von "Umbrella", bauten sie sich fast über Nacht eine große Fangemeinde auf. Seitdem mehrt sich ihr Erfolg, manch einer mag sogar nur das Cover in der 50's-Version kennen. Auf ihrem zuletzt erschienenen vierten Album "Game Day" veröffentlichten sie zum ersten Mal, neben den für sie typischen Covern, eigene Titel, die auf eine durchweg positive Resonanz stießen.
Es gibt aber auch Künstler, die trotz ihres eigenen enormen Bekanntheitsgrades ausgewählte Stücke ihrer Kollegen coverten. Johnny Cash beispielsweise. Der "Man in Black" hat in seiner Karriere über 500 Lieder verfasst und millionenfach Tonträger verkauft. Einer seiner Songs, der sicherlich mit am meisten bewegt hat, war "Hurt". Dass dieses Lied ein Covertitel ist, der ursprünglich von den Nine Inch Nails stammt, ist nicht unbedingt jedem bewusst – so gewaltig ist die Interpretation Cashs. Trent Reznor hat ihn eben damals geschrieben, Johnny Cash ihn hingegen verstanden.
Selbst die heutigen DJs bedienen sich bei ihrer Arbeit an anderen, bereits existierenden Songs. Dass von einem Hit ein Remix erstellt wird, ist sicherlich nicht mehr sonderlich aufregend. Doch David Guetta griff bei seiner Zusammenarbeit mit Nicki Minaj für "Hey Mama" tief in den Fundus. Auf seiner Suche fand er das Arbeitslied "Rosie", das von Sklaven bei der Zwangsarbeit gesungen wurde, um einen einheitlichen Arbeitsrhythmus zu erzeugen. Bei Guetta fungiert es nicht nur als Intro, sondern zieht sich durch das gesamte Lied.
Covern ist also nicht zwangsweise negativ, sondern wirft auch einen ganz neuen Blickwinkel darauf, zu was ein einzelner Song alles fähig sein kann. (jpi)