Mitten im Harz, umringt von nichts als Baumkronen, liegt das kleine Dorf "Elend bei Sorge". Aus der Sicht eines passionierten Großstädters ein durchaus passender Ortsname, bedenkt man, dass Elend so ziemlich genau in der Mitte des Nirgendwo liegt. Trotzdem pilgern einmal jährlich mehrere Tausend Musikverliebte in die Einsamkeit, denn genau dort findet das Rocken am Brocken-Festival statt. Dieses Jahr ging es in die vierte Runde, und Franka Langer war dabei!
Das Rocken am Brocken ist mit etwa 3000 Gästen ein kleines Festival, und zwar ein nicht-fließend-Wasser-kleines. (Aber das Duschen auf Festivals ist sowieso eine überbewertete Trenderscheinung.) Trotzdem konnte es neben unbekannteren Bands auch mit einer beeindruckend bunten Mischung aus Musikgrößen der Indie-, Elektro- und Rockszene auftrumpfen, verbunden mit den Reizen eines kleinen Festivals: Kurze Wege, relaxte Leute und keine Anstehzeiten.
Und nun zu den prächtigsten Auftritten:
Do you wanna party with the Bonaparte? Was eine Frage! Klar, denn welche Band würde sonst Kuchen auf dem Rücken maskierter Skelettmänner backen und Tantrasex-Trockenübungen in Tierkostümen ausüben? Etwas abartig ist die ganze Bühnenshow der Band schon, aber bei genauer Betrachtung handelt es sich dabei sowieso vor allem um ein geniales Ablenkungsmanöver, denn ganz ehrlich: Singen kann der Frontsänger von Bonaparte keineswegs!
Ob das Singen tatsächlich ihre Stärke ist, darüber streiten sich die Gemüter auch bei den zwei Jungs von Friska Viljor. Für viele ist es eine dieser Indiebands, die vollkommen talentlos den Durchbruch geschafft haben, für andere sind sie wundervolle Entdeckungen. Für alle, die Friska auf dem Rocken am Brocken live erleben konnten, dürfte klar sein: Die Jungs sind einfach herrliche Stimmungsmacher und vollkommen verdient erfolgreich!
Weniger Party, dafür umso mehr Melancholie hatte Gisbert zu Knyphausen im Gepäck, der am frühen Freitagabend mit seinen Melodien wunderbare Momente herbeizauberte. Für Partystimmung, so bemerkte Gisbert, sollen die anderen Bands sorgen. Und das taten sie! Eine ordentliche Elektroparty gab es von Dúné, die auf der Bühne deftig abfeierten, und Itchy Poopzkid brachten die Massen zum freudigen Pogen.
Die Headliner hatten bei Rocken am Brocken dankbare Auftritte, Bands, die in den Mittagsstunden auf dem Plan standen, sahen sich allerdings mit einem nahezu leerem Festivalgelände konfrontiert. Ziemlich schade, bedenkt man, was die Massen, die erst bei Sonnenuntergang ihre Zelte und Wohnwägen verließen, alles verpasst haben. Einen wundervollen Auftritt lieferten zum Beispiel die Holländer von So What, die am Samstagmittag vor geschätzt 50 Zuschauern spielten und sich danach unglaublich viel Zeit für jeden einzelnen Fan nahmen. So konnte man nicht nur Autogramme, CDs und die üblichen Merchandise-Produkte ergattern, sondern bekam auch noch eine kleine unplugged Einlage der schnuckeligen Holländer-Knaben geboten.
Und das Fazit? Das Rocken am Brocken ist ein sympathisches Festival mit rosigen Zukunftsaussichten. Denn bedenkt man, wie sich das Festival in den letzten vier Jahren entwickelt hat, kann man bereits voller Vorfreude der fünften Auflage entgegenblicken. Was ein wunderbares Elend! (fl)