Vielleicht sollten die Köpfe hinter "The United Kingdom Ukulele Orchestra" doch noch mal darüber nachdenken, ob sie wirklich unter der Abkürzung TUKUO firmieren wollen. Die meisten Menschen assoziieren damit nämlich entweder eine fiese (Geschlechts)Krankheit oder einen Finnisch-Kurs oder eine finnische Geschlechtskrankheit. Dabei handelt es sich bei TUKUO um einen echten musikalischen Geheimtipp: Die achtköpfige Combo rockt mit ihren Zwergen-Instrumenten derart die Bühne, dass viele Stromgitarristen blässlich um die Nase wird.
Eifrige Leser unseres Online-Magazins wissen, dass in der Redaktion eine gewisse Schwäche für das Miniding aus Hawaii herrscht, und so war es nur konsequent, das Phänomen mal live on stage zu betrachten. Gelegenheit dazu gab's am 18. März in Frankfurts Alter Oper. Verwunderung schon vor der Show. Distinguiertes Publikum strömte in Hundertschaften in Richtung Konzerthaus. Dass eine kleine Ukulele-Band so viel Zulauf hat? Nicht ganz, es stellte sich nämlich heraus, dass im Großen Saal Max Raabe sein Publikum beglückte (Ihr wisst schon, das ist der, der von keinem Schwein angerufen wird...). TUKUO hielten dagegen im (nicht ganz gefüllten) Mozart-Saal Hof. Und legten mit der Wilhelm-Tell-Ouvertüre von Rossini los. Da wollte man offensichtlich das Stammpublikum abholen.
Es stellte sich jedoch fix heraus, dass die sechs Kerle und zwei Frauen vor wirklich keinem Genre irgendwelche übertriebenen Berührungsängste haben: Klassik, Schlager, Pop, Punk und Rock stehen auf der Agenda der Briten, die nicht nur durchaus gefällig an ihren Mini-Instrumenten zupfen, sondern auch allesamt stimmgewaltige Entertainer sind. Doch das Publikum war zunächst abwartend. Nach dem Klassik-Auftakt wollte auch The Whos "My Generation" noch nicht so recht zünden. Doch mit dem dritten Song hatten sie ihre Zuhörer: Die Sängerinnen Sarah Dale und Lesley Cunningham schmetterten mit reichlich Verve die Titelmelodie von "Heidi". Und die 1a-alberne-Ziegenpeter-Stimmung hielt an – über Beatles-Hits (Let It Be, Lucy In The Sky With Diamonds, Michelle), dem Bee-Gees-Kracher "Staying Alive", Abbas "Mamma Mia" und sogar "Rote Lippen sollst du küssen", von Kytson Wolf (stimmlich indisponiert, aber sehr charmant) intoniert, der optisch eine erschütternde Ähnlichkeit mit dem echten Cliff Richards hat. The United Kingdom Ukulele Orchestra machten weder vor Elvis halt, noch vor The Clash oder Chrissie Hynde, und auch der ein oder andere Klassik-Sprengsel wurde immer wieder eingestreut (Radetzkymarsch, Hummelflug, Nussknacker-Suite).
Doch richtig in Erinnerung sind drei andere Stücke geblieben: Ein großartiges Medley, bei dem sieben Songs (u.a. Let It Be, Can You Feel The Love Tonight, Down Under, Forever Young) gleichzeitig gespielt wurden. Das hört sich jetzt seltsamer an als es war – erstaunlich genug, dass es richtig klasse funktioniert. Mein persönlicher Favorit war jedoch "Bohemian Rhapsody" von Queen, das auf Ukulele echt gut kommt, während der breite Mob total auf "Always Look On The Bright Side Of Life" abging, und den Song aus "Das Leben des Brian" aus voller Brust mitsang bzw. pfiff. Dieser Ohrwurm martert mich noch heute, und nach Lage der Dinge werde ich ihn auch noch im Ohr haben "just before I draw my terminal breath"...
Alles in allem war's ein ausgesprochen lustiger Abend, auch wenn die Alte Oper vielleicht nicht der beste Spielort war (für Max Raabe hingegen schon). Die Truppe passt erheblich besser auf eine Kleinkunstbühne, da ist dann auch die Gästeschar entspannter und nicht um durchschnittlich 40 ambitionierte Euros pro Karte ärmer. Meiner Ukulele-Begeisterung hat der Abend jedenfalls keinen Abbruch getan. Im Gegenteil, es gibt da nämlich noch viel zu entdecken: Beispielsweise sollte man dringend die Fehde zwischen unseren Freunden von The United Kingdom Ukulele Orchestra (TUKUO) und dem Ukulele Orchestra of Great Britain im Auge behalten, über die wir im letzten Jahr berichtet hatten, und die einen ähnlichen Show-Ansatz haben. Da gönnt einer dem anderen die Angelschnüre für die Besaitung der Instrumente nicht. Großartig! Was ich wirklich schön finde, ist dagegen die Initiative "Ukulele for peace", das der Musiker und Musikpädagoge Paul Moore vor einigen Jahren mit israelischen und palästinensischen Kindern ins Leben gerufen hat. Frei nach dem Motto: "Wer im Kindergarten gemeinsam Ukulele zupft, wird sich später nicht die Köpfe einschlagen!" TUKUO unterstützen das Projekt und spenden einen Teil der Eintrittsgelder dafür. Und da ist man doch fast wieder mit dem happigen Preis versöhnt. (cm)