Viele werden ihn nicht kennen, John Bassett. Denn der Brite war bisher eher als Gründer und Sänger des Quartetts KingBathmat bekannt. Aber irgendwann wollte er eben gern wieder das machen, was er am liebsten macht: alleine Musik. Deshalb arbeitete er an seinem Soloalbum, bei dem er beinah alle Instrumente selbst einspielt. Andreas Babiak hat sich Unearth für uns angehört.
KingBathmat bestand am Anfang aus genau einer Person – John Bassett. Er lädt seine Lieder im Netz hoch, wird schließlich irgendwann angefragt und kein Veranstalter weiß, dass Bassett bisher alles allein gemacht hat. Er sucht ein paar Freunde zusammen und beginnt, als Quartett durch Clubs zu tingeln. Innerhalb von zehn Jahren veröffentlicht die Band sieben Alben und überzeugt mit ihrer Musik die Fans des Progressive Rock und -Metal. Dass er jetzt aber ein rein akustisches Singer-Songwriter-Album präsentiert, wird nur die überraschen, die nicht wissen, wie er anfing.
Wenn man Fan von außergewöhnlichen Klangerlebnissen ist, wird man Bassetts Album lieben. Immer ein wenig neben der Spur, hier mal ein wenig schräg, hier ein wenig schrill – doch wir unterstellen ihm, dass das gewollt ist. Bassett ist nicht plötzlich zu einem zweiten Philipp Poisel, Robert Francis oder William Fitzsimmons geworden. Er ist überraschend andersartig.
Das erste Stück steht exemplarisch für die Musik im Zwielicht: "Stay away from the dark". Ein mystisches Klavier, eine Akustikgitarre, ein sanftes Schlagzeug. Die Melodie ist ein wenig märchenhaft, melancholisch und viel Bassett. Der Instrumentalteil im Lied erinnert ein bisschen an mittelalterliche Minnenmusik. Dennoch eine der stärksten Nummern auf der Platte, auch wenn sie sich anhört, als wäre sie vor dreißig, vierzig Jahren geschrieben.
Eines muss man Bassett lassen – seine Albenbeschreibung trifft im Vergleich zu anderen Musikern doch tatsächlich zu: "Unearth is a darkly lush collection of 10 finely crafted acoustic songs that inhabit a melancholic progressive dreamscape." Ebenso stimmt es, wenn er sagt, dass er Elemente des Progressive Rock und des Psychedelic Folk mit der Struktur des klassischen Songwritings kombiniert.
Manchmal schimmert sein Talent für intelligente Texte hervor. Wie zum Beispiel bei "Survival Rate". Seinen ironischen Text über all die Sachen, die er anstellt um seine Überlebensquote zu steigern, kontert er selbst, indem er am Ende gesteht: "Communicate, this will help to improve our survival rate". Ein einfaches, ruhiges, beinah poppiges Lied, das nicht ganz so düster ist, wie der Opener. Nett!
Mit 16 ist Bassett von der Schule abgegangen, davor war er sowieso nicht so oft dort. Sein Musiklehrer riet ihm, sich eine Linkshändlergitarre zu besorgen. Danach musste er sich durchschlagen, von einem Ein-Pfund-Job zum nächsten. Aber eine Sache blieb ihm: seine Musik.
Auch "Nothing Sacred" klingt wie ein Song aus den 70ern, aufgepimt mit Schlagzeug und Pop-Orgel-Akkorden. Eine Lagerfeuernummer – Bassetts lange Haare scheinen doch mehr zu verraten, als ich dachte. Und hier ist der Text lesenswert! "Will you get lost in the crowd, your voice is unique shout it loud".
Aber warum auf Unearth das Instrumental "Kylerhae" drauf ist, verstehe ich nicht so ganz. Der Song haut mich nicht um und ist in keiner Weise besonders. Dann doch lieber wieder gute Texte mit etwas gewagterer Meldodieführung.
Immer wenn man denkt, dass eine Melodie in Richtung Pop abdriften will, überrascht Bassett mit einem eigenwilligen musikalischen Kunstgriff. Nichts muss hier die Straße geradeaus führen. Dass dieser Mann das Gitarrespielen liebt, hört man. Dass er nicht der größte Sänger ist, weiß er selbst. Aber dass er es dennoch schafft, die Zuhörer zu packen, dass spricht für ihn.
Dieses Album ist für John Bassett sicher ein Schritt in die Richtung, aus der er kam. Er kehrt zu seinen Wurzeln zurück und hat etwas gewagt. Dabei kam eine Singer-Songwriter-Platte heraus, die zeitlos und einzigartig ist. Wer etwas Besonderes an dieser Musik sucht, wird lange suchen müssen. Das Album ist etwas für Musikliebhaber, für Menschen, die sich Zeit nehmen, die Musik wirken lassen wollen, die sich die Texte durchlesen und sich gerne in die mystisch-melancholische Stimmung versetzen lassen. (ab)