Was macht eine gute Newcomer-Band in Zeiten von Casting-Shows und zunehmender Kommerzialisierung noch aus? Viel Make-Up, massentauglicher Einheitsbrei oder nervtötende Exzentrik? Nicht zwingend! Beim SchoolJam, Deutschlands größtem Schülerband-Wettbewerb, muss der Newcomer lediglich einen bleibenden Eindruck hinterlassen – und eine ordentliche Portion Senf im Mund haben. Bettina Taylor hat sich beim Finale in die tobende Menge gestürzt.
Seit 2005 wirken der Kölner Musik-Media-Verlag, der deutsche Musikrat und die Messe Frankfurt mit ihrem Band-Wettbewerb der herannahenden Kommerz-Apokalypse entgegen. Die deutschen Schulen haben nicht das Geld (große Überraschung), um ihre Musik-Talente gebührend zu fördern. Der SchoolJam ist für junge Talente also eine wahre Chance. Acht von 1400 Schüler-Bands (Höchstalter 21 Jahre) schlagen sich bei Internetvotings und Städteausscheidungen jedes Jahr durch. Auch 2010 haben die Finalisten zwei Songs auf der Musikmesse-Stage live präsentiert und alles gegeben, was ihre hoffnungsvollen Rocker-Seelen zu bieten hatten. Zu Recht, denn die Gewinner wurden mit dem belohnt, wovon wohl jeder Teenie-Möchtegern-Kurt-Cobain träumt: ein Liveauftritt bei Rock am Ring!
Musikalische Vielfalt statt Einheitsbrei
Es wurde gerockt, geschwitzt und gekreischt. Und die Jury aus Musikbusiness-Profis (unter anderem Marcus Adam von MTV und Kosho von den Söhnen Mannheims) freute sich mit dem Publikum über musikalische Abwechslung. So gut wie jedes Genre, von Electro, Hip Hop bis Rock-Pop über Indie, war vertreten. NoProblem heizten mit harten Gitarrenriffs, Hochspring- und Klatschspielen (von den Ärzten abgeguckt) ordentlich ein und wurden dafür von Moderator Jan Köppingen (VIVA live!) prompt "Rampensäue" getauft. Einen deutlichen Kontrast dazu bildeten die einfühlsamen Texte und Trance-Melodien von Alex Knolle, der alle Mädels zum Kreischen brachte. Spätestens als Romeo ihren Pop-Rock-Sound spielten, tanzten auch die Eltern mit. Leider etwas zu nahtlos ging es dann mit 3Samkeit weiter. Unprepared ließen getreu dem Motto "Name ist Programm" ihre Fans erst einmal warten, legten dafür aber zwei anständige Punknummern hin. Die absoluten Publikumslieblinge waren Jazzica Nabis. Ihre mitreißende Symbiose aus Jazz, Rock und Swing brachte die Menge so richtig zum Kochen. Dazu muss man allerdings sagen, dass sie gleich 40 Groupies per Tourbus mitgebracht hatten. Letztendlich überzeugten aber The Mustard Tubes die Jury mit gradlinigem Indie-Rock, der ungewöhnlich reif und tiefgründig wirkte. Die eingängigen Gitarrenmelodien von "A Story About" haben absoluten Ohrwurm-Charakter!
Der überraschende Sieg
Während die Rocker von Luxuslärm mit ihrem Auftritt die Wartezeit auf die Sieger-Verkündung überbrückten, mischten sich auch die Finalisten unters Publikum. Tobi, Bassist von Unprepared, konnte bei seiner Anspannung überhaupt nichts beurteilen: "Keine Ahnung, ob wir gewinnen werden. Alle waren wirklich gut!". Gegen neun Uhr war es dann endlich so weit. Alle acht Bands wurden auf die Bühne geholt, um sich ihrem Schicksal zu stellen. Die Jury hatte sich von brüllenden Fans und swingenden Tanzeinlagen nicht allzu sehr beeindrucken lassen. Platz drei, eine Session bei "301 Studios", gingen an Jazzica Nabis. Die Punker von Unprepared belegten Platz zwei und gewannen einen Workshop bei der Pop-Akademie. Dass The Mustard Tubes aus Bayern das Rennen machen würden, hatte wirklich niemand erwartet. Sie selbst konnten es kaum glauben: "Ahhhhrrr!!! Geil!!", waren so in etwa die Worte von Frontman Daniel. Beruhigendes Fazit: Um Erfolg zu haben, braucht man weder besonderes Aussehen noch kreischende Groupies. Und man kann sogar eine Senftube sein!