Es klingt schroff, gewollt wütend und dabei nicht einmal geschrien. Die Texte sind intelligenter als der Bandname vermuten lässt. Andreas Babiak hat sich das Debütalbum von Heisskalt angehört. Sie selbst bezeichnen ihre Musik als "Alternative Rock mit deutschen Texten und Elektronik". Und das trifft es ziemlich präzise.
Mathias Bloech ist Sänger und Gitarrist der vierköpfigen Band aus Stuttgart. Philipp Koch, Lucas Mayer und Marius Bornmann komplettieren die Gruppe. Kennengelernt haben sich die Vier schon vor langer Zeit: Mathias und Marius spielten schon in einer Schülerband zusammen. Ende 2010 kamen die beiden anderen dazu – Heisskalt war geboren.
"Jetzt wird es sehr schnell laut, energetisch aber ganz, ganz geil", stellte Ina Müller in ihrer Sendung die Band vor – und Recht hat sie! Sobald man sich das Album anhört, ist man von der Energie angesteckt. Der Song "Nicht anders gewollt" ist getrieben von E-Gitarre, Schlagzeug und der wütenden Stimme von Sänger Mathias. Und die Botschaft passt perfekt auf den Gesang und die rockende Melodie: "Nichts war nie genug", kritisiert er, "wir haben lang genug gewartet [...] aber ihr habt es nicht anders gewollt, noch nicht einmal versucht [...] wir wollen ein Stück vom Kuchen".
Die Jungs haben hart für ihren Erfolg gekämpft. Sie spielten viele Konzerte und nahmen an etlichen Wettbewerben teil. 2011 gewannen sie den Bandförderpreis "Play Live" und durften deshalb auf dem Southside-Festival auftreten. Auch das Independent-Label Chimperator Department wurde auf die Stuttgarter aufmerksam. Und obwohl das Label sonst ausschließlich auf Hip-Hop konzentriert war, wurde die Band als erste Rock-Gruppe unter Vertrag genommen. "Wir finden es cool, nicht mit einem typischen Rocklabel zusammen zu arbeiten", sagt Bassist Lucas, "Chimperator hat eben einen anderen, kreativen Blick auf die Musik. Auch auf unsere. Da ist niemand auf eine kleine Sparte festgefahren."
"Sonne über Wien" ist eine Mauer aus Rock, gebaut mit treibenden Gitarren, fetzigem Schlagzeug, frechem und dennoch gefühlvollem Gesang. Heisskalt schaffen das, was ich schon lange nicht mehr erlebt habe: sie klingen neu! Irgendwie bekannt, aber doch auf ihre eigene Art. Das findet auch das Online-Magazin Laut.de: "Heisskalt wagen mit einer Mischung aus deutschem Rock und Indie mit Sprechgesang eine Gratwanderung, die selten glückt. Mathias Bloech klingt wie Cro auf Gitarren-Rock und behandelt auch ähnliche Themen wie der Rapper."
Sänger Mathias erinnert sich noch, wie es war, das erste Mal auf Deutsch zu singen: "Unmittelbar haben wir gemerkt, die Leute werden ruhiger, hören zu. Sie verstehen den Text und können das Lied plötzlich nicht mehr nebenher hören." Auch der Song "Identitätsstiftend" packt einen und man hört zu, gefesselt von geschrienen Parts und gefühlvoll gesungenen Stellen, unterstrichen mit der dazu passenden Musik. Sie selbst beschreiben die Musik auf ihrer Platte als rockig, noisig, atmosphärisch und laut. Genau wie auf ihren EPs "Heisskalt" und "Hallo – Mit Liebe gebraut".
Mathias singt meist sehr energisch und druckvoll, aber er kann auch vorsichtig und gefühlvoll. Das zeigt er vor allem in "Nicht gewinnen". Ein Song, der ein wenig an Bosse, ein wenig an Madsen und ähnliche Bands erinnert, aber eben doch so ganz eigen. Und auch die ruhigen Nummern am Ende des Albums sind hörenswert, allein vom Text her: "Denn wenn wir gehen, gehen wir doch immer so, als wäre es das letzte Mal; gab keinerlei Bemühungen im Zweifel das Gesicht zu wahren; Entschuldige die Stille, war zu laut um noch ein Wort zu sagen, ich weiß es ist schwer zu glauben, dass ich noch jeden Tag im Herzen trage". Im Kopf bleibt auch die Nummer "Kaputt". Zunächst vor allem wegen des eingängigen Beats, doch dann wird das Stück fetzig und man will dazu abgehen.
Das Album "Vom Stehen und Fallen" ist besser als der Name der Band. Und anders als erwartet, liefern die Jungs nichts Lauwarmes, es ist was Heißes für kalte Nächte. Sie schaffen es perfekt, Melodien so zu führen, dass sie nicht in Popmusik abdriften. Feiner Rock mit einer angenehmen Stimme und guten Texten. So wundert es nicht, dass auch der Verband der Deutschen Konzertdirektionen die Stuttgarter letztes Jahr mit seinem Musikpreis ausgezeichnet hat. Heisskalt hätten eine "beeindruckende Dynamik, die Live-Publikum und Hörer sofort einnehme". Auch den unterstellten Wiedererkennungseffekt muss ich unterstreichen: die Melodien sind eingängig und originell, die Texte authentisch. Ich bin gespannt, wie die Jungs auf ihrer angekündigten großen Tour abgehen! Ich werde jedenfalls vorbeischauen. (ab)