Musik ist an und für sich ein globales Phänomen. Okay, das sind jetzt nicht gerade bahnbrechende Neuigkeiten, aber mal ehrlich, aus wie vielen unterschiedlichen Ländern stammt die Musik in euren persönlichen Musikbibliotheken tatsächlich? Franka Langer hat sich auf eine augenzwinkernde musikalische Expedition nach Norwegen begeben und einige Schätze mit nach Hause gebracht:
Auf den ersten Blick ist der Norweger ein normaler Mensch. Gut, etwas blondschöpfiger, bärtiger und gummistiefelvernarrter vielleicht als der deutsche Durchschnittsbürger, aber doch schon recht deutlich als Mensch erkennbar. Lässt man allerdings die ganzen Äußerlichkeiten weg, wird klar: Der Norweger ist kein Mensch, er ist Wikinger! Hart, robust, laut und unbesiegbar. Weinen? Ja, das würde er gelegentlich tun, wenn er Gefühle hätte.
Einst baute der Norweger riesige Holzschiffe und zog damit über die Weltmeere. Doch die Zeiten der gefährlichen Wikingerzüge sind längst vorbei. Heute sitzt der Norweger auf seinen Ölfässern – bequem, reich und etwas gelangweilt. Den harten Wikingerkern lässt er heute ganz gerne durch seine Musik durchscheinen, bevorzugt im Stile des Death Metal.
Da ist zunächst natürlich Turbonegro zu nennen. Die Band erfreut sich in unseren Breitengraden für norwegische Verhältnisse geradezu unglaublicher Berühmtheit. Die Jungs machen "Death Punk", sind laut, unangemessen und berüchtigt für ihre Liveauftritte, wo schon mal die ein oder andere Arschrakete entzündet wird. Als Wikinger singen sie von allem, was sich sonst keiner in den Mund zu nehmen traut: Erektionen, Alphamännchen, einem Rendezvous mit Anus und Höllentoupées.
Bereist der Wikinger die Welt, wundert er sich manchmal gewaltig. So erging es Turbonegros Bassisten Happy Tom, als er am Stuttgarter Flughafen doch tatsächlich seinen Dolch vom Zoll abgenommen bekam: "In was für einer Welt leben wir, in der Männer mit langem schwarzen Haar und langen schwarzen Bärten keine 45-cm-Dolche mehr in Flugzeuge mitnehmen können?" Gute Frage ...
Rockmusik findet der Norweger also ziemlich gut und verleiht ihr eine ganz unverwechselbare Note. Da wären zum Beispiel die Jungs von Motorpsycho, die ihren Rock mit einer Prise Jazz und einem Pfund psychedelischen Klängen würzen. Und das schon seit 1989. Noch eine ganze Spur verrückter bringt die Band Kaizers Orchestra den Rock aufs nächste Level. Hier kommen Punkrock, Zigeuner- und Marschmusik mit in den Suppentopf – und dann wird das Ganze auch noch in deutscher Sprache serviert. Na ja, zumindest in ihrem Song "Die Polizei", in dem sie – ja genau – fast 5 Minuten die zwei Worte "die" und "Polizei" ins Mikrophon trällern. Fröhlich zu geht es auch bei Datarock zu, von denen die elektronische Rockvariante geboten wird.
Im Kreis seiner Liebsten lässt der Wikinger ab und an für einige Sekunden auch mal eine weiche Seite durchscheinen. Dann packt er sich eine Gitarre und spielt wunderbare und unverwechselbare Melodien. Aus dieser etwas harmloseren Wikinger-Spezies sind prächtige Indiebands entstanden. An erster Stelle seien hier die Kings of Convenience genannt. Aber auch Wild Water ist definitiv hörenswert. Gemeinsam haben die Bands ihr todsicheres Händchen für Melodien und die Liebe zur Gitarrenmusik. Und damit ist uns der Wikinger ganz plötzlich doch nicht mehr so fremd oder?
So mancher möge nun einwenden, dass doch auch die musikalische Weichspülpackung a-ha aus Norwegen kommt. Ja, das muss der Wikinger zugeben, a-ha sind aus Norwegen, und das ist peinlich. Aber wir Deutschen haben, historisch betrachtet, ja schließlich auch unsere bedenklichen Landsmänner ... (fl)