The Black Keys heimsen mit ihrem aktuellen Album "El Camino", das Ende 2011 erschien, ordentlich Aufmerksamkeit ein. Ein Zweiergespann aus Gesang/Gitarre und Drums ist zwar kein Kuriosum mehr (vergleiche The White Stripes oder Seasick Steve), aber die musikalischen Wurzeln der Band sind trotzdem weitreichender als man vielleicht vermutet.
Wie so viele Bandhistorien beginnt auch die von den Bluesrockern The Black Keys mit der Legende von zwei gegensätzlichen Schuljungen, die gemeinsam Musik und ihre Bestimmung entdecken. Es war 2001 in Akron/Ohio, als Dan Auerbach (Gitarre, Gesang) und Patrick Carney (Schlagzeug) im Keller ein erstes Demo aufnahmen. Der ehemalige Star des High-School-Soccerteams Auerbach hatte sich in den Kopf gesetzt, es mit der Musik weiter zu bringen, und der Nerd Carney stellte dafür gern seine Anlage zur Verfügung. Da die anderen Musikerfreunde des Gitarristen abgesprungen waren, wurde es eine eher intime, aber nicht weniger intensive Session. Das so entstandene Demo mit sechs Songs erhielten wenige Tage später verschiedene Labels. Alive aus Los Angeles erkannten als Erste das Talent und Potential der Jungs aus dem Norden mit dem bluesigen Südstaaten-Sound.
2002 erschien bereits das Debütalbum "The Big Come Up", das ebenfalls in Patricks Keller aufgenommen wurde. Damit hatte die junge Indieband bereits einen guten Start hingelegt. Trotzdem blieb der kometenhafte Newcomer-Durchbruch aus. Das Minus an durchschlagendem Erfolg machten die beiden dafür mit Produktivität wett.
2003 entstanden "Thickfreakness" und die EP "The Six Parts Seven", 2004 die EP "The Moan". Finanzielle Sorgen trieben Carney und Auerbach dazu, ihre Lieder als Untermalung für Werbespots zu verkaufen. Seit dieser Zeit tauchen die Black Keys-Melodien nicht nur in der Werbung, sondern auch auf diversen Soundtracks auf. So untermalt ihre Musik Marken wie Nissan, American Express, Sony Ericsson, Victoria's Secret, und gab den Sound zu Filmen wie "Black Snake Moan", "Zombieland" und "I'm not there" sowie für das Videogame "Grand Theft Auto IV".
Beim dritten Album "Rubber Factory" (2004) hatten sich die Jungs bereits deutlich weiterentwickelt, beziehungsweise den eigenen Sound besser auf den Punkt gebracht. Songs wie "When The Lights Go Out" und "Stack Shot Billy" klingen nach Blues auf einer Country-Gitarre und irgendwie "typisch amerikanisch", nach Cowboys auf schaukelnden Pferderücken und brauner, trockener Erde. Diese Songs bringen auch nach und nach Erfolg. Als Vorband sind die Black Keys beispielsweise für Pearl Jam, Beck, Radiohead unterwegs. Auch sonst geben die Amerikaner zahlreiche Konzerte, vergrößern dadurch stetig ihre Fangemeinde und bringen 2005 und 2006 konsequenterweise zwei Live-Alben auf den Markt. Daran schließt dann das nächste Album "Magic Portion" (Nonesuch Records) an – mit deutlich rauerem Bluesrock-Sound. Dank Nonesuch Records werden auch Bekanntheitsgrad und die Konzertbühnen immer größer.
Dadurch vergrößert sich allerdings der Abstand zum nächsten Album. "Attack & Release" wird erst 2008 veröffentlicht. Produziert wurden diese Tracks von Danger Mouse (Brian Burton), einer angesehen Größe in der Indie-Szene. Dies genügte, um die geschmäcklerischen Hippster gnädiger und aufgeschlossener zu stimmen. Während sich die Musikkritiker jedoch weiterhin uneins blieben und gern auf die Schwachpunkte der Truppe verwiesen. Schön entspannte Stücke wie "So He Won't Break", "All You Ever Wanted" und "Same Old Things" sind deutlich glatter als so manches Lied zuvor – aber noch nah an der nachdrücklichen Präsenz der "Stoner-Gitarre" und deutlich entfernt vom griffigen Mainstream. Dazu zählen auch musikalische Eskapaden wie das 26 Minuten lange "I Got Mine".
Mainstreamiger wurde es schließlich doch mit dem 2010er Album "Brothers". Gerade die Ohrwurmsingle "Tighten Up" brachte die breite Aufmerksamkeit und den finanziellen Erfolg. Dazu gab es drei Grammy Awards, die Auszeichnung des Videos bei den MTV Musik Awards und Platz 2 auf der Hitliste des Rolling Stone Magazins für das beste Album. Bereits das erste Stück des Albums "Everlasting Light" mit weiblicher Gesangsunterstützung holt auch den breiteren Musikgeschmack mit ins Boot. Vom schmutzigen Garagen/Keller-Rock ist hier schon nicht mehr viel übrig – höchstens noch das etwas gebrochenere, weniger melodische "The Go Getter".
Keine Bandgeschichte ohne den spürbaren Preis des Erfolgs: Gerade als Auerbach und Carney mit ihrer Musik so durchstarten, nebenbei noch ihre Soloprojekte (Carneys Band "Drummer") und Kooperationen (das Rap-Rock-Album "Blakroc") vorantreiben, kostet der Einsatz die Musiker zu viel Energie. Zu viel jedenfalls, um die Fans mit ausgiebigen Touren glücklich zu machen. Teile der Konzerte in Australien, Neuseeland und Europa werden wegen Erschöpfung abgesagt. Stattdessen konzentrieren sie sich lieber auf den nächsten großen Coup.
Und heute beweisen The Black Keys, dass sie sich nicht mehr der Frage stellen müssen, ob weiße Jungs eigentlich den Blues haben oder nicht. Mit dem aktuellen Album "El Camino" und der Single "Lonley Boy" sind die amerikanischen Herren deutlich poppiger und gradliniger geworden. Bye bye, Blues. Rockrhythmen lösen nun noch deutlicher die langsame Grundgangart vieler vorheriger Produktionen ab. Die Inspirationsquellen würde man nun bei britischen Bands der 60er (The Who, The Kinks, The Animals) vermuten und nicht mehr bei alten Vorbildern wie Junior Kimbrough, den die Band früher so gern coverte. Selbst wenn The Black Keys mit ihrem Sound weniger breit und individuell aufgestellt sein mögen, funktioniert das Ergebnis und überzeugt auch weiterhin Musikliebhaber mit dicken, schwarzen Brillenrahmen – und die Musikkritiker werden wohl auch in Zukunft ausgelassene Debatten über die Qualitäten der Gruppe führen. (mm)