Man wächst mit seinen Aufgaben – oder das erste Mal vergisst man nie! Das gilt sowohl für Ann-Marie Flegel in ihrer allerersten Mission für Schule-der-Rockgitarre.de und andererseits auch für Ron Pope, der das Objekt (oder Subjekt?) ihres Premieren-Projekts war. Allerdings mit unterschiedlichen Vorzeichen:
Es ist soweit. Mein erster Konzertbesuch für Schule der Rockgitarre in Frankfurt. Ron Pope steht auf dem Programm. Erste Recherchen verraten mir: Er ist 29, stammt aus Atlanta, spielt Gitarre und Keyboard und hatte offenbar bereits 2005 seinen US-Durchbruch mit "A Drop In The Ocean". Mittlerweile hat er acht Alben veröffentlicht, zuletzt "Monster" und jetzt ist er zum ersten Mal auf Europatour. Ich kaufe mir ein paar seiner Songs bei iTunes und ziehe sie mir auf den iPod, schließlich will ich auch wissen, was mich musikalisch erwartet. Autsch, es ist nicht gerade das, was ich erwartet habe ...
Böser, dreckiger Rock ist jedenfalls etwas anderes. Kaum in der Brotfabrik angekommen, schwant mir Schlimmes. Hier tummeln sich größtenteils junge Mädels und verliebte Pärchen. Wird das hier etwa eine reine Schmusenummer? Der Support-Act Johna verstärkt mein düsteres Gefühl jedenfalls noch. Sängerin Nadine (ihr Keyboarder ist verhindert!) steht mit ihrer Gitarre alleine auf der Bühne und singt ausschließlich Balladen. Doch zugegebenermaßen macht sie das wirklich sehr schön und ich habe tatsächlich Spaß daran, ihrer tollen Stimme zuzuhören. Nach einer halben Stunde bin ich jedenfalls restlos tiefenentspannt und freue mich auf den mysteriösen Ron Pope.
Der beginnt seinen Auftritt direkt mit dem Song "You're The Reason I Come Home". Toll – das Lied kenne ich und unwillkürlich summe ich mit. Nach der Nummer berichtet Ron hocherfreut, dass dieses Konzert das erste ausverkaufte der Tour ist. Ein Traum – und ich bin bei diesem Meilenstein dabei! Aber Ironie beiseite, er ist wirklich sehr sympathisch. Vor allem wenn er Amerika mit Europa vergleicht. Offenbar war er auf der Fahrt nach Frankfurt auf der Autobahn mit 200 Sachen auf der linken Spur unterwegs, als ihn eine Lichthupe von dort verjagte. Von der mittleren Spur aus wagte er einen Blick auf den Raser: Eine Familienkutsche mit Mama am Steuer und den Kids im Fond. Das Publikum lacht sich schlapp über diese Geschichte – vor allem weil er so schockiert war. Ja, das gibt’s nur in Germany!
Und so geht es weiter. Nach jedem Song erzählt er Anekdoten aus seinem Leben. Sehr schön beispielsweise, dass seine Oma extra Skypen gelernt hat, damit sie mir ihrem Enkel quatschen kann, auch wenn der gerade auf Europatour ist. Leider hat Omi Pope wohl nicht immer die Zeitverschiebung im Blick und weckt ihn schon mal zu unchristlichen Zeiten auf. Mit jeder Geschichte aber auch jedem Song, den er spielt, wächst mir Ron Pope mehr ans Herz. Ich lasse mich mit all den vielen Mädchen und Pärchen um mich herum völlig auf seine Musik ein und habe immer mehr Spaß. Er offensichtlich auch, denn er spielt seine Nummern mit großer Leidenschaft. Und offensichtlich völlig ohne festgelegte Setlist, wie er zwischenzeitlich behauptet, sondern ganz nach Lust und Laune und aus dem Moment heraus. Insgesamt hören wir 17 Songs, darunter "Perfect For Me", "Tears Of Blood", "Headlights On The Highway" (hat er den nach seinem Autobahn-Erlebnis geschrieben?), "Fireflies" und "Wherever You Go".
Am Schluss ist "A Drop In The Ocean" dran. Ehe er jedoch zu spielen beginnt, bittet er die Fans, den Song doch gemeinsam mit ihm zu singen, alle Handys und Kameras wegzustecken und einfach nur die Musik zu genießen. Das tun dann auch tatsächlich alle und als der erste Refrain kommt, bekomme ich Gänsehaut, weil alle voller Euphorie mitsingen.
Ron Pope hat mich total von sich und seiner Musik überzeugt! Auch wenn es nicht das gewünschte Rockkonzert gewesen sein mag, er hat sein Publikum perfekt unterhalten und mit seiner Musik begeistert. Das schafft auch nicht jeder. Und das mit dem Autofahren in Deutschland kriegt er auch noch hin ... (af)