Unsere Reporterin Jessica Iser hat sich ein ganzes Wochenende lang freiwillig in den Stau gestellt, um für uns von und über das Dieburger "Traffic Jam Open Air 2015" zu berichten. Jetzt weiß sie auch, wie aus einer Geburtstagsparty ein Festival wurde und welche Bands beim 16. Mal die Bühne beehrten, um das Publikum beim "geilsten Stau der Welt" zum Beben zu bringen.
1999 – es begann alles ganz bescheiden. Bloß eine Geburtstagsparty mit 150 Gästen sollte es werden. Okay, zugegebenermaßen eine recht große Geburtstagsparty, aber die Idee, die dabei entstand, ist heute ein Erfolg. Die Organisatoren, damals um die 18 Jahre alt, gehörten einer Band an und wollten im privaten Rahmen auf einer Bühne spielen. Daraus entwickelte sich ein Konzept, das mit der Zeit mehr und mehr Zuschauer anlockte: Das Traffic Jam Open Air. Der Name des Festivals kommt nicht von ungefähr, denn die Location ist ein Verkehrsübungsplatz bei Dieburg in Südhessen.
Zu den ursprünglichen Organisatoren gesellten sich im Laufe der Jahre jüngere Helfer, was sich auch in der Bandauswahl widerspiegelt – früher eher rockiger, heute mehr Hardcore. Aber eins ist immer gleich geblieben: Die Veranstaltung wird ehrenamtlich vom Verein Schallkultur organisiert und die Erlöse gehen an gemeinnützige Organisationen wie die Tafel, Lebenshilfe und diverse andere. Musikkultur und das Fördern von Newcomer-Bands stehen beim Traffic Jam klar im Vordergrund. Es geht nicht um Profit, sondern darum, zusammenzukommen und gemeinsam die Freude an der Musik zu feiern. Rund 5000 Besucher sind es jedes Jahr, was das Festival zu einem der größten in der Region macht.
Am 17. und 18. Juli versammelten sich wieder zahlreiche Fans, um in ausgelassener Stimmung bei guter Musik zu feiern. Denn auch in diesem Jahr konnte das Traffic Jam Open Air mit einer breiten Riege von Newcomern und alten Hasen des Genres aufwarten. Die amerikanische Metal-Band Soulfly, die Ska-Punk Veteranen Less Than Jake, die deutschsprachige Metalcore-Band Callejon, die Münchner von Emil Bulls oder The Black Dahlia Murder sind einige große Namen, die Kennern des Genres Musik in den Ohren sind. Doch auch unter den eher unbekannten Namen auf dem Festivalbanner finden sich großartige Bands: Lionheart, Rantanplan, Their Decay, H2O, Arise From The Fallen und The Green River Burial, um nur einige zu nennen. Für viele von ihnen war es eine große Gelegenheit.
Mark, der Sänger der Hardore-Band Shattered Lions erzählte, dass er 2006 zum ersten Mal ein Festival besuchte – das Traffic Jam. Seither hatte sich die Band mehrmals beworben, um selbst dort auf der Bühne zu stehen, und dieses Jahr hat es endlich geklappt. Diese Gelegenheit nutzten Shattered Lions auch, um einen neuen Song aus dem kommenden Album zu spielen – den Titel wissen sie selbst noch nicht so genau. Für die Jungs von Arise From The Fallen war es der erste Auftritt auf einem Festival und es bereitete ihnen sichtlich Spaß. Spaß hatten eindeutig auch Less Than Jake bei ihrem Auftritt mit Maskottchen, Luftballons, Konfetti und Groupies auf der Bühne. "Our songs might be shitty", ruft Sänger Chris Demakes ins Mikrofon, "but we’re the funniest fucking band here today." Scheiße? Definitiv nicht. Aber lustig allemal!
Das Wetter spielte mit, bei um die 34 Grad und strahlender Sonne ging es am Freitagnachmittag los. Das Publikum genoss sichtlich die Abkühlung aus den Wasserschläuchen, als die Security-Leute immer wieder erfrischendes Nass über den Platz regnen ließen. In der Nacht folgte schließlich richtiger Regen: Pünktlich zum abschließenden Auftritt von Callejon suchte ein Wolkenbruch das Festival heim. Glücklicherweise streifte das Gewitter Dieburg nur, sodass es kurz danach für die Nachteulen mit der After Show Party weitergehen konnte.
Der Samstag wurde wechselhaft. Immer wieder trübten dunkle Wolken und Regen den Himmel, aber nicht die Stimmung. Im Gegenteil: Für die meisten Festivalbesucher schien es ein Heidenspaß zu sein, sich im Schlamm vor der Bühne zu suhlen und gegenseitig mit Dreck einzureiben. Auch die Security hatte sichtlich Freude daran, die Zuschauer mit den Wasserschläuchen wieder vom Schmutz zu befreien. Und so ging es trotz fast tropischen Regenphasen tapfer weiter. Die Schlammgrube wurde mit Heu bedeckt und spätestens bei The Black Dahlia Murder hatte sich der Platz vor der Bühne vollends gefüllt.
Den krönenden Abschluss bildeten Soulfly, als Sänger Max Cavalera den gesamten Verkehrsübungsplatz mit seiner erfahrenen Stimme überflutete. Er teilte die Bühne unter anderem mit seinen Söhnen Zyon und Igor, die als Schlagzeuger und Bassist unter Beweis stellten, das musikalische Talent ihres Vaters geerbt zu haben. Wer nach diesem starken Auftritt noch nicht genug bekommen konnte, hatte die Möglichkeit, noch auf einer After Show Party mit der 90s Cover-Band Four Monkeys zu feiern.
Ein Wochenende voller Musik, Spaß und schräger, aber liebenswerter Persönlichkeiten ging zu Ende und man darf hoffen – auf das 17. Traffic Jam im Jahr 2016. Bis dahin: Rock on! (ji)