Auf Plakatwänden und im deutschen Fernsehen werden sie lautstark als DAS Comeback des Jahres angepriesen. Die Guano Apes sind zurück und haben uns etwas mitgebracht: Zehn neue Songs – die ersten seit acht Jahren – getauft auf den noblen Namen "Bel Air". Jan Schütz hat mal für euch am Lack gekratzt:
Nun ist also auch sie wieder da, die Band mit dem wohl ulkigsten Namen der deutschen Rockgeschichte. Nur noch mal kurz für alle, die nicht Tierdetektiv Ace Ventura alias Jim Carrey auf der Suche nach der heiligen Fledermaus gefolgt sind: Guano heißt frei deutsch übersetzt Fledermauskacke (pardon my French, aber so ist es nun einmal). Okay, okay, nennen wir es Dung – der Etikette wegen, und nun ran an die eigentliche Materie.
Kurzer Rückblick: Im Jahr 1997 mischte die Göttinger Kapelle mit ihrem Debüt "Proud Like A God" die deutsche Szene mit lautem Getöse mächtig auf. Songs wie "Open Your Eyes" und "Lords Of The Boards" eroberten im Sturm Festivalbühnen und Apres-Ski-Partys gleichermaßen. Die Nachfolgealben "Don't Give Me Names" und "Walking On A Thin Line" waren mindestens ebenso erfolgreich und meißelten Dennis, Stefan, Henning und Sängerin Sandra Nasic damals in Stein. Kurze Zeit später war dann aber leider Schicht im Schacht. Man munkelte, das liebe Geld sei Schuld. Heute sehen die Mitglieder es als natürlichen Prozess. 2004 und 2006 gab die Affenbande nochmal kurze Trommelzeichen in Form von zwei Best Of- bzw. Raritäten-Sammlungen von sich, um sich aber ansonsten mit ihrer Kokosnuss in den Dschungel zu verziehen. Von da starteten die vier dann verschiedene Soloexperimente.
Inzwischen haben sich aber alle wieder lieb. Das Rezept hierfür: Generalüberholung, außen wie innen. Die Tage von Baggy und Sneakers scheinen passé. Frau Nasic trägt neuerdings High Heels, Pailletten und Minirock. Manolos statt Dickies lautet die Devise! Aber während die neue Verpackung ganz schick daher kommt, hat das Innenleben eher gelitten. Comeback des Jahres? "Broken Expectations" trifft's wohl eher... Wo früher innovativer Crossover-Rock dominierte, erklingen heute Stücke, die irgendwie ziemlich oft an 80er-Pop à la Kim Wilde erinnern. Viele schnelle Synthi-Sounds, gepaart mit im Zaum gehaltenen Gitarren und tanzflächenkompatiblem Beat. Dazu kommen R'n'B-Einflüsse und Breakbeat-Einlagen ("She's A Killer"). Klingt beinahe, als hätte man als Starthilfe nicht die gemeinsamen Werke, sondern vielmehr die Einzelprojekte genommen. Nasics 2007er Album "The Signal" ist voll von Elektro- und Pop-Basteleien, und "Sunday Lover", der Opener auf "Bel Air", steht denen in nichts nach.
Aber wir wollen auch nicht zu hart sein. Ein bisschen Apes-Gerocke gibt's dann ja doch noch hier und da. Bei der ersten Auskopplung "Oh What A Night" wummsen die Gitarren mehr als der Casio und "All I Wanna Do", dessen Einstieg klingt, als hätten Nelly und RRRammstein eine Gang gebildet, geht auch ganz gut los. Dritter im Bunde ist "Trust", die Nummer 10, bei der Sandra sogar eine Kostprobe ihres (Sprech-)Gesangtalents präsentiert, während Drummer Dennis in die Felle drischt. Das war's dann aber auch mit der Ausbeute. Der Rest fast austauschbare Midtempo-Nummern mit Beat. Manchmal sogar zu viel des Guten – "Fire In Your Eyes" und auch "This Time" gehen einfach mal gar nicht, wie man hier im Norden zu sagen pflegt.
Fazit: Eingängige Melodien, eine immer noch kraftvolle Stimme und noch akzeptables Tempo – dennoch als Gesamtpaket zu langweilig, um für mehr als zur musikalischen Untermalung beim Sudoku-Lösen zu taugen. Daher wohl auch eher nachmittags um drei beim NDR 2-Konzert als abends auf der Hauptbühne vom Hurricane-Festival anzusiedeln. Vielleicht hätten die Göttinger den einstigen Wahlspruch einer deutschen Volkspartei beherzigen sollen: "Keine Experimente" (js)