Ungewöhnliche Band, ungewöhnliche Location. Die britische Trancecore-Formation Enter Shikari gastierte während ihrer "A Flash Flood Of Colour"-Tour in der Frankfurter jugend-kultur-kirche Sankt Peter. Unsere Reporterin Corinna Würzberger war bei diesem besonderen Gig dabei:
"Dass ich freiwillig in eine Kirche gehe...", murmelt es leise hinter mir, und der Sprecher wirkt fast etwas über sich selbst schockiert. Er trägt eine Kappe, hat Tunnels und ein Lippenpiercing, den rechten Arm schmücken bunte Tattoos, und er trägt Röhrenjeans und Karohemd. So wie er sehen viele weitere Konzertbesucher aus, die Mehrheit von ihnen wird vermutlich schon länger keine Kirche mehr von innen gesehen haben. Doch an diesem Abend strömen alle den weitgeöffneten Türen des Gotteshauses entgegen. Enter Shikari folgen dem Ruf des Herrn und wir folgen den Briten. Da kann man etwaige sakrale Vorbehalte schon mal überwinden.
Der schöne Kirchturm von Sankt Peter streckt sich in den dunklen Nachthimmel, doch im Inneren erinnert nicht mehr viel an die ursprüngliche Funktion des Gebäudes. Ein Flachbildschirm hinter der Bar wirbt für weitere Veranstaltungen – unter anderem einen Party-Gottesdienst. Ein andermal vielleicht. Im Moment gehört die ungetrübte Aufmerksamkeit Enter Shikari und ihrer Support-Gruppe Young Guns. Die britische Alternative-Band spielt bereits und macht einen guten Job – das Gedränge im schmalen Kirchenschiff ist jedenfalls schon enorm. Macht nichts, dann dauert es eben ein bisschen länger, bis man sich vorgekämpft hat.
Das Publikum kann es kaum noch erwarten, bis Rou und Co. endlich mit der Show beginnen, und startet schon während der Umbauphase mit Rufen nach der Band, die normalerweise nicht in Kirchen auftritt, sondern inzwischen eher auf den großen Bühnen zuhause ist – dieses Jahr bereits zum dritten Mal bei Rock am Ring. Und dann geht es endlich los: Für mich überraschend ruhig starten Enter Shikari mit den beiden ineinander übergehenden Tracks "System.../...Meltdown" des aktuellen Albums "A Flash Flood of Colour". Meine Kumpels zieht es direkt nach ganz vorne, sie sind für das komplette Konzert verschwunden. Ich bleibe vorerst ein bisschen skeptisch im Hintergrund (knapp nach dem Pit). Als Mädchen traue ich den Dynamiken eines Pits manchmal nicht so ganz.
Enter Shikari spielen fast das komplette neue Album und zusätzlich altbekannte Klassiker wie "Mothership". Allerdings vermisse ich "Sorry You're Not A Winner". Doch auch ich kann und will mich nicht der klasse Partystimmung entziehen. Die Lichtshow tut ihr übriges, und ich werde regelrecht von der tanzenden und moshenden Menge angezogen. Enter Shikari ohne zumindest einen Teil der Pit-Action mitzubekommen geht gar nicht, da muss gesprungen werden! In diesem Fall scheint das Publikum aber auch zu wissen, was es tut. Statt wie so häufig einfach die ganze Zeit komplett kopflos wild durchzudrehen, kann man hier die langsameren Songs auch einfach mal genießen – ohne Angst um Leib und Leben zu haben. Liegt's an der Kirche? Egal, es ist jedenfalls sehr angenehm! Demnächst kann man in St. Peter übrigens auch die Performances von Silverstein oder Christina Perri testen. Da sage einer noch mal, Kirche und Rock passen nicht zusammen. Halleluja. (cw)