Das "Ukulele-Orchestra of Great Britain" schien schon in seiner Namensgebung eine selbstironische Intention zu verfolgen. Denn allein beim Wort Orchester, kommen unzählige Assoziationen auf: steif befrackte Dirigenten, ausgefeilte Kompositionen und ein Sortiment von klassischen Instrumenten, die Generationen von Kids nie lernen wollten, aber von ihren Eltern dazu gezwungen wurden. Eine kleine Ukulele würde einen dabei nie in den Sinn kommen. "The Ukes" dagegen beweisen – wie Bettina Taylor herausgefunden hat –, dass der kleine Bruder der Gitarre maßlos unterschätzt wird!
Die siebenköpfige Truppe profitiert bei ihren Gigs ständig vom Überraschungseffekt. Schließlich erwartet niemand, dass sie mit ihren putzigen kleinen Instrumenten einen musikalischen Spagat von Nirvana bis Wagner hinlegen könnten. Beschränkt man sich aber auf das Einfache, zeigt sich Kreativität umso mehr: Sopran-, Tenor oder Bass-Ukulele werden virtuos eingesetzt, und stimmlich ist jeder, egal ob Solo oder im Chor, eine Klasse für sich. Das rührt wohl auch von ihren verschiedenen musikalischen Wurzeln: Kitty Lux hat eine Punker-Vergangenheit, George Hinchliffe ist musikalischer Leiter von "The Ukes", schreibt aber auch Musik für Film und Fernsehen, während Richie Williams begnadeter Jazz-Gitarrist ist. Im Prinzip lässt sich über jeden von ihnen eine eigene Geschichte erzählen.
Und wie kommen so unterschiedliche Musiker zusammen, um dann auch noch ausgerechnet gemeinsam Ukulele zu spielen? Das sei einfach "irgendwie passiert". Aus purer Lust traten sie 1985 im Londoner Roebuck Pub auf, merkten jedoch schnell, dass ihre Shows ständig ausverkauft waren. Drei Jahre später hatten sie dann auf einmal ein Album aufgenommen und waren beim englischen Fernsehsender BBC aufgetreten. Mittlerweile sind die Ukes in Japan, Schweden und Europa unterwegs und zu einer Art britischem Nationalsymbol aufgestiegen.
Deswegen ist der britische Humor auch stets die Basis ihrer musikalischen Botschaft. Balladen verwandeln sich in fröhliche Kneipenlieder und decken dabei so manche musikalische Banalität auf. So klingen glorifizierte Rock-Hymnen wie "Smells Like Teen Spirit" auf einmal richtig niedlich. Wenn Bandmitglied und Fernseh-Comedian Peter Brooke-Turner die Nummer dann mit folgendem Satz ankündigt, ist die Satire perfekt: "Das ist für alle, die einen schlechten Tag hatten. Hier kommt 'Smells Like...You‘re A Teenager In Love'!".
Das Orchester veräppelt aber nicht nur, sondern schreibt auch eigene Musik. In ihrer neusten Show "Ukuleleskope" untermalen die Ukes mit ihrer Musik Videos aus den verschiedensten Bereichen. Das Thema wechselt mal von lustigen Werbespots, oder Bob Marley’s "Jammin" zu nostalgischen Stummfilmen und experimentellen Sounds. Zwischendurch werden auch einfach mal Geschichten vorgelesen. Das Publikum erlebt damit eine kleine Symbiose aus Film- und Konzertabend – alles selbstverständlich nur mit Ukulele!
Gut zu wissen, dass es professionelle Musiker gibt, die sich und ihr Schaffen nicht allzu ernst nehmen, aber genau deswegen so grandios sind. Indem die Ukes sich in keine Schublade stecken lassen, instrumental asketisch bleiben und ihren Humor bewahren, genießen sie die größte Freiheit, die Musiker nur haben können und nutzen diese auch in vollen Zügen aus. Und im Ernst: Mit einer Ukulele kann man einfach nicht aufgeblasen tun.