Teenie-Band oder doch echte Rocker? Unser Autor hatte da ein eindeutiges Vorurteil. Dann schleppte ihn seine Freundin zu einem Konzert der Hamburger New-Deutschrock-Combo Revolverheld. Und Felix Klein war zunächst überzeugt, eine echte Liebestat zu vollbringen, als er am 7. April im Aschaffenburger Live-Club "Colos-Saal" im Schlepptau seiner Herzensdame auflief:
Natürlich waren wir überpünktlich, denn nichts hasst ein echter Fan mehr, als von den anatomischen Voraussetzungen seines Vordermannes abhängig zu sein. Mehr als eine Stunde zu früh standen wir in der dritten oder vierten Reihe, die zu diesem Zeitpunkt noch die letzte war. Während sich der Saal füllte, schossen mir die Kommentare meiner Kumpels durch den Kopf: "Ist das nicht mehr so ein Frauen-Ding? Die sind aber schon bisschen Teenie, oder?". Auweia, die Mehrheit des Publikums war tatsächlich weiblich und zwischen 16 und 18 ... Vorurteil bestätigt! Oder?
Nicht ganz, denn jetzt muss ich zugeben, dass die Mädels einen außerordentlich guten Geschmack haben. Aus musikalischer Sicht wurde ich nämlich im Verlauf des Konzerts auf ganzer Linie eines Besseren belehrt. Schon nach dem ersten Lied war ich von der energiegeladenen Live-Performance der Revolverhelden begeistert. Vom ersten Akkord an gaben die Jungs Gas, und spielten dabei alle Trümpfe aus, die ein Club-Gig einer Band an die Hand geben kann. Dass die fünf Hamburger jede Menge Spaß und richtig Bock auf eine geile Show hatten, war den ganzen Abend lang hautnah zu spüren. Die Interaktion mit dem Publikum und die Witzeleien der Bandmitglieder untereinander wirkten dabei zu keinem Zeitpunkt verkrampft oder gestellt, und insbesondere der Ausstrahlung des fast schon unverschämt charismatischen Frontmanns Johannes Strate konnten sich wohl nur wenige Zuschauer – vermutlich nicht einmal die männlichen – entziehen.
Wirklich, wer es nicht besser weiß, dem drängt sich durchaus der Verdacht auf, dass Revolverheld eine gecastete Retortenband sein könnte. Die Jungs geben auf der Bühne ein beinahe zu perfektes Bild ab. Doch seit ich auf entsprechende Nachfrage bei meiner Liebsten die gleichermaßen schockierte wie vorwurfsvolle Antwort "Auf keinen Fall!" ins Ohr gebrüllt bekam, weiß ich es besser. Die Erfolgsstory von Sänger Johannes, den Gitarristen Kristoffer und Niels, Bassist Flo und Schlagzeuger Jakob nahm ihren Anfang im Jahr 2002 – wie es sich gehört, in einem anständig versifften Hamburger Proberaum. Ihren endgültigen Durchbruch schaffte die Band bereits drei Jahre später mit ihrer ersten Single "Generation Rock" und Platz 7 in den deutschen Albumcharts.
Seit ich die Revolverhelden live gehört habe, weiß ich auch, dass diese Gruppe weit mehr zu bieten hat, als ihre doch recht poppigen Radio-Titel à la "Halt dich an mir fest" vermuten lassen. Ihr Repertoire erstreckt sich zwischen fetzigen und mitreißend arrangierten Gitarrensongs und melodiösen Balladen. Beste Voraussetzungen also, für einen gelungenen Rockabend. Und den hatten wir! Ihren absoluten Höhepunkt erreichte die Show der Jungs mit der letzten Zugabe, einer Unplugged-Version ihres Titels "Hamburg hinter uns" – ganz ohne Verstärker, ganz ohne Mikro. Zu erleben, wie ein Publikum, das eben noch Hits wie "Mit dir chill’n" lange nach dem Schlussakkord ekstatisch weitergrölte, auf einmal mucksmäuschenstill wird und fast schon andächtig den leisen Klängen auf der Bühne lauscht, kann ich heute mit gutem Gewissen als einen meiner emotionalsten Live-Momente überhaupt bezeichnen. Gänsehaut pur – bei uns im Publikum und mit Sicherheit genauso bei den Jungs da oben.
Ich persönlich habe an diesem Abend zwei wichtige Lektionen gelernt. Das erste glasklare Fazit des Abends lautet: Revolverheld rockt! Ohne Wenn und Aber! Und Zweitens: Bilde dir kein Urteil über eine Band, die du noch nicht live gesehen hast! (fk)