Womöglich ist es euch noch gar nicht aufgefallen, aber bei Schule-der-Rockgitarre.de haben wir Kategorien, in die wir fein säuberlich unsere Artikel einsortieren (schaut mal ins Archiv!). Manchmal ist ein Thema eindeutig, gelegentlich ist die Zuordnung ein wenig komplizierter und dann gibt Fälle wie Tire Iron. Newcomer-Bands bekommen bei uns in der Regel in die Schublade "Hotties", doch wenn es sich bei der Combo um "Betreutes Rocken im Alter" (Selbstbezeichnung!) handelt, wäre es wohl eher bei "Weird Stuff" anzusiedeln.
Dass es dieser Artikel jetzt zu "Gigs" geschafft hat, liegt zum einen schlicht daran, dass es die Reifenheber – so die korrekte Übersetzung des Bandnamens – tatsächlich auf eine öffentliche Bühne geschafft haben. Bezeichnenderweise auf die des Münchner Rock-Clubs Garage Deluxe. Zum anderen auch am Stehvermögen und der Unerschrockenheit der Autorin. Doch dazu später.
Zunächst war nämlich Geduld angesagt, viel Geduld, denn durch eine ungeklärte organisatorische Finte des Schicksals (oder des Clubbetreibers??) hatten die Autoschrauber nämlich nicht nur die eine geplante Vorband, sondern derer drei – allesamt auch eher gediegene Silberrücken, denn flotte Jungspunde. Und so ging es scharf auf Mitternacht zu bis die drei Tire Iron-Mannen THE OTHER ONE, LÖUDER und SINNISTER endlich die Bühne enterten – unter frenetischem Applaus der Fans, die es nun endlich wissen wollten. Dass die Herren übrigens Kampfnamen wie sonst nur Wrestler tragen liegt vor allem daran, dass sie im richtigen Leben allesamt brave Familienväter mit soliden Jobs sind. Weil das so bleiben soll und Claus, Jens und Stefan irgendwie total unsexy klingt, diese Camouflage.
Was sofort auffällt: Bassmann und Gitarrist haben jeweils eine Armada an Instrumenten neben sich stehen, die höchst nuancenreiche Klangwelten versprechen. Der Drummer hat dafür die meisten und längsten Haare und entlockt seiner Batterie durchaus auch differenzierten Sound. Zumindest war dies der erste Eindruck, ehe die Ohrstöpsel zum Einsatz kamen. Denn vor allem sind sie laut. Laut im Sinne von richtig laut. Schmerzhaft laut. Also rein mit den Dingern und fasziniert auf die Setlist geachtet. Wie die meisten Newbies haben auch Tire Iron als Coverband angefangen. Vordergründig und offiziell dem Blues-Rock verschrieben, ist die Genreeinordnung faktisch nicht ganz so eindeutig. Auch die eigenen Songs (inzwischen haben sie ein gutes Dutzend) sperren sich einer klaren Klassifizierung. Was aber auch egal ist, denn die Nummern machen richtig Spaß. Mein persönlicher Favorit: "Moon Lover From Outer Space"! Was leider auch auffällt: Sie mögen allesamt routinierte, souveräne und superkreative Instrumentalisten sein – singen kann keiner. Was außerordentlich schade ist, denn die ein oder andere Melodielinie hätte durchaus das Zeug zum Ohrwurm. Gesangsstunden oder noch besser: ein richtiger Sänger wären wohl der logische nächste Schritt. Spaßig war der Gig aber trotzdem – denn Begeisterung für guten Rock ist eindeutig nicht an Jugendlichkeit gebunden.
Auch wenn Tire Iron eindeutig keine Hotties mehr sind, dafür Equipment-Fetischisten, die ihre Sixpacks grundsätzlich lieber im Kühlschrank als um die Körpermitte haben – rocken können sie! Und wie. Und wenn demnächst noch SEXY HOWLER die Truppe verstärkt, komme ich mit meinen Ohrstöpseln auch zum nächsten Gig. Versprochen! (cm)