Wann ist ein Gastspielvertrag nicht erfüllt? Na?? Ganz einfach: Wenn ein betrunkener Shane MacGowan, der Sänger von "The Pogues", in Würzburg "Hello Leipzig" ruft, nach dem zweiten Song umfällt und einfach liegenbleibt. Hättet Ihr das gewusst? Wenn nein, wäre der Workshop "Musiker und Recht" genau richtig gewesen. Unsere Reporterin Heide Nickel hat sich Mitte Mai eine Woche lang auf der Projektwoche "Gemeinsam Musik machen" der Musikzentrale Gießen getummelt und erstaunliche Dinge gelernt:
Die Musikzentrale bietet ansonsten ganz normalen Unterricht in sechs Schulen im Umkreis von Gießen und Wetzlar an. Im Rahmen ihrer Projektwoche wollte sie zeigen, dass Musikschulen auch mehr leisten können. Wie es dazu kam, erklärt Schulleiter Sebastian Schlöndorf mit der Tatsache, "dass musikalische Bildung häufig auf ein Unterrichtsverhältnis von eins zu eins beschränkt ist". Durch die verschiedenen Workshops wollte man die Schüler ermutigen, über den eigenen Tellerrand zu schauen und Musik als "soziales Ereignis" zu begreifen. Auch Außenstehende hatten die Möglichkeit, sich intensiv mit einem Thema zu befassen, denn: "Wenn man es geschickt macht, kann man in einer Woche sehr viel lernen – auch ohne Zeit für regelmäßigen Unterricht zu haben!"
Perfekt dafür geeignet war beispielsweise der Kurs "Bassist in drei Tagen". Mit vielen Beispielen und einem präzisen Auge für die häufigsten Fehler hat Paul Krömmelbein den wichtigsten Ansatz des Bassspielens vermittelt: "Der Sound ist in den Fingern!" Das fängt bei der Grundbewegung der Spielhand an, dem Wechselschlag. "Die Finger müssen über die Seiten laufen, sie bewegen sich immer beide. Wie Füße beim Gehen." Genauso wichtig sei aber auch die Grundhaltung der Greifhand. Besonders für die Gitarristen unter den Teilnehmern war es schwierig, sich umzugewöhnen. Die Handhaltung beim Bass spielen ist aber wesentlich, damit man die Grundhaltung beibehalten und genug Kraft in den Fingern entwickeln kann. "Ein Finger für jeden Bund" ist gleichzeitig Basistechnik und Profistil für den Bassisten. Theorielastiger war da die "Harmonielehre", unterrichtet von Henning Pauly. Es mag zwar trocken klingen, aber der praktische Nutzen liegt auf der Hand: Man möchte als Bassist nicht immer den selben Ton spielen, den der Gitarrist vorgibt oder als Gitarrist immer nur dieselben Akkorde schrammeln. Schnell zu erfassen, welche Töne zueinander passen, war das Ziel dieses Workshops.
"Drum recording" richtete sich dagegen schon an weiter fortgeschrittene Teilnehmer. Thorsten Hanning erklärte in diesem Workshop, wie man die Schlagzeugtonspuren zu einem Song selbst aufnehmen kann. Vor allem aber plauderte er aus dem Nähkästchen: Statt das Geld der Bandkasse in Studioaufnahmen zu investieren, sei es für erste Projekte viel sinnvoller, sich eigenes Equipment zuzulegen: "Die Erfahrungen, die ihr sammelt, wenn ihr euer Zeug selbst aufnehmt, ersetzt euch kein Studio!"
Nicht weniger lautstark als die Schlagzeuger war der Kurs "Zen of Screaming" von Margit Garbrecht. "Ohne Atem kein Ton!" Mit diesem Grundsatz im Hinterkopf haben ihre Teilnehmer gearbeitet. Schließlich soll, während die Luft entweicht, idealerweise die Spannung von Bauch und Zwerchfell die Stimme unterstützen. Nach einer halben Stunde Üben war das Ergebnis erstaunlich: Ein Persönchen, das man bei Windstärke fünf sicherheitshalber am Boden festbinden sollte, hat Töne von sich gegeben, an die selbst die gestandenen Männer unter den Kursteilnehmern nicht heran kamen.
Weil aber aller Wohlklang und technische Finesse ohne solide Grundlage nicht viel Wert sind, war Anwalt Achim Zerbe mit im Boot. Unter dem Motto "Recht für Musiker" gab er einen Überblick über die wichtigsten Rechts- und Vertragsarten für Musiker: Urheberrecht, Leistungsschutzrecht, Auswertungs- und Gastspielverträge. Durch plakative Fallbeispiele und unterhaltsame Anekdoten machte er diese abstrakten Begriffe leicht verständlich, so dass keiner der Teilnehmer mehr die "dümmsten Musikerfehler" begehen wird.
Lust, beim nächsten Mal mit dabei zu sein? Wir informieren euch, sobald die nächste Projektwoche in der Pipeline ist! (hn)