Unsere Gastautorin Tanja Hoff war mal wieder bei einem Konzert. Diesmal bei ihrer Lieblingsband Gotthard. Gut, eigentlich ist sie immer bei Lieblingsbands, aber die Schweizer liegen ihr wirklich am Herzen und deshalb hatte sie mehr als eine Träne im Knopfloch:
Was hatte ich schon für tolle Konzerte mit den Schweizer Rockern von Gotthard erlebt! Entsprechend erschüttert war ich, als ich Anfang Oktober 2010 vom Tod des charismatischen Frontmanns und fantastischen Rocksängers Steve Lee erfuhr. Er war bei einem Motorradunglück in der Nähe von Las Vegas ums Leben gekommen, just als er sich den Traum einer Harley-Tour durch die USA erfüllte. Schrecklich! Und mehr noch: War mit Steves Tod etwa auch die Band am Ende?
Es war wohl knapp. Aber nach einer langen und mutmaßlich ziemlich traurigen Zwangspause fanden die verbleibenden Gotthard-Männer glücklicherweise Ende 2011 einen neuen Sänger: den Schweiz-Australier – Aussi-Schweizer? – Nic Maeder. Mit ihm als Frontmann würden sie auf Tour gehen, hieß es. Aber vorher noch kam am 1. Juni 2012 das Album "Firebirth" heraus, eine Spur härter als die vorherigen Platten – und echt gut! Nun stieg für mich natürlich die Spannung auf das Live-Konzert. Würde Nic es schaffen, gegen die Erinnerung an den großartigen Steve zu bestehen?
Seine Nagelprobe bei mir, meinem besten Freund und Hunderten anderer Münchner Gotthard-Fans musste er am 17. November 2012 im Zenith absolvieren. Zwar leider nicht in "Pole-Position" ganz vorne, aber immerhin doch schön nahe an der Bühne, ließen wir uns von der Vorband Unisonic mit angelegten Ohren – Mann, waren die laut! – schön einheizen und waren dann mehr als bereit für Gotthard. Um halb zehn legten sie dann endlich los mit dem fetzigen "Dream On" aus dem alten Fundus. Und der Neue überzeugte. Absolut. Er machte da oben auf der großen Bühne zwar manchmal noch einen etwas schüchternen Eindruck, aber über weite Strecken war der neue Leadsänger wirklich ein Knaller. Und auch bei den leiseren Tönen machte Nic eine gute Figur. Nach der Gesamtstimmung in der ganzen Halle zu urteilen waren definitiv nicht nur mein Freund und ich so begeistert, sondern auch alle anderen. Die gesamte Mischung aus alten und neuen Songs, Brettern und Balladen kam schlicht unglaublich gut an!
Natürlich gab es aber auch Momente der Wehmut: Als Nic ziemlich am Anfang des Konzerts ankündigte, dass der nächste Song Steve Lee gewidmet sei, dachte ich schon "jetzt isses gleich aus mit der Contenance", aber "One Life, One Soul" habe ich noch mit trockenen Augen überstanden. Das änderte sich jedoch später bei dem ausführlicheren Balladen-Part der Show, für den sich die Jungs außerordentlich hübsche Verstärkung in Form eines weiblichen Streichquartetts auf die Bühne geholt hatten. Großartig. Schön. Stimmungsvoll. Besonders. Und es ging sooo ans Herz! Als schließlich "Heaven" gespielt wurde, brach ich dann doch in Tränen aus. Mein Freund versicherte mir allerdings später, dass es auch anderen Leuten so ging – von wegen harte Rocker ...
Glücklicherweise wurde nach diesem Song aber wieder gerockt. Bloß ging es mit "Mountain Mama" erst nach einer kleinen Verzögerung los, da die Bass- und Gitarren-Männer (Marc, Leo + Freddy) zunächst "Hells Bells" anstimmten – in Anspielung auf Nics Australien-Vergangenheit. Der rückte seinen Kollegen mit gespieltem Entsetzen wieder den Kopf zurecht und weiter ging die Show.
Unterm Strich kann ich sagen, dass ich keine Sekunde, keinen Cent, keine Träne, kein Lachen und keinen Gröler bereue, die ich in dieses Konzert investiert habe. Ich bin und bleibe ein großer Fan von euch, GOTTHARD! (th)