"Irgendwas mit Mucke!" Das ist die vage Antwort vieler Musik-Junkies, wenn man sie nach ihren Berufswünschen befragt. Ein bisschen präziser sollte die Idee allerdings schon werden, dann gibt’s auch eine Chance auf die Realisierung des Traums. "Gitarrengott", "Superstar", "Weltklassedirigent" – wer sich das vornimmt sollte Talent und Ehrgeiz haben, viel, viel üben, oder sich alternativ mit Dieter Bohlen gut stellen. Es gibt aber auch ganz andere Möglichkeiten, um in der Welt der Musik seine Brötchen zu verdienen: Vor einiger Zeit haben wir schon mal beschrieben, was die Aufgaben eines Musikproduzenten sind, heute ist unser Chef fällig. Jan Rolf Müller ist der Boss vom Heros Musikverlag (und noch drei weiteren) und wir wollen wissen: "Was zur Hölle macht eigentlich ein Musikverleger?"
SdR: Hallo Jan, und danke dass du dir Zeit für uns nimmst. Wir sind ja alle ganz happy, dass es diese schöne Seite gibt, aber das ist ja wohl nicht deine Hauptaufgabe. Kannst du unseren Lesern mal in wenigen Sätzen erklären, was ein Musikverleger eigentlich genau zu tun hat?
JRM: Ganz einfach, der Verleger ist der Chef vom Verlag. Ich sage mal gleich vorweg, was ein Verlag nicht ist: keine Plattenfirma und kein Musikgeschäft. Das wird gern durcheinander gebracht.
Verlag und Verleger arbeiten mit Komponisten und mit dem, was sie machen: Musik. Ein Komponist hat z.B. eine Melodie im Ohr, Harmonien, einen Rhythmus, er denkt sich einen bestimmten Ablauf aus, vielleicht gleich noch einen Text dazu. Ein anderer macht eine Schule für den Unterricht – wie z.B. Andreas Scheinhütte seine "Schule der Rockgitarre". Auf welchem Weg auch immer, der Komponist schafft ein Werk, seine eigene geistige Schöpfung.
Es ist ein tolles Gefühl, selber etwas komponiert zu haben. Allerdings: Satt wird man davon nicht und hat noch keine Klamotten an. Wer also nicht nur ab und zu nach Feierabend ein kleines Liedchen schreiben will, sondern richtig als Komponist leben und arbeiten will, muss mit seiner Musik auch Geld verdienen. Denn was der Komponist da "herstellt", hat ja genau so seinen Wert wie der Schrank vom Schreiner – also kann er auch angemessenes Geld dafür verlangen!
Und da kommt der Verlag ins Spiel. Er kümmert sich darum, dass die Musik unter die Leute kommt und genutzt wird. Da gibt es ja ganz viele Möglichkeiten. Etwa ganz traditionell Noten herzustellen und in den Handel zu bringen. Aber da geht noch mehr: Der Verlag spricht (hoffentlich) die richtigen Leute an – eine Band, damit sie das Stück im Konzert spielt; eine Plattenfirma, damit sie eine Aufnahme macht und als CD und Download zum Kauf anbietet; den Radio- und Fernsehsender, dass er es sendet; dass die Werbeagentur es in einem Werbespot verwendet, die Filmfirma im Film. Der Verlag kümmert sich dann auch um den ganzen formalen Kram, handelt einen guten Preis aus, kassiert das Geld und teilt es sich mit dem Komponisten. So kann der seine Zeit ganz zum Komponieren nutzen und kreativ arbeiten.
SdR: Das hört sich ganz schön vielseitig und spannend an. Gibt’s einen klassischen Werdegang, eine Art "Verleger-Ausbildung" oder wie müssen wir uns das vorstellen?
JRM: Musikverleger kann man ganz verschiedene Art werden. Viele Verlagsleiter sind Betriebswirtschaftler oder Juristen, was zweifellos sehr nützlich ist, weil es ja viel um wirtschaftliche und rechtliche Fragen geht. Andere haben mal "klein" im Verlag angefangen und sich in der Praxis hochgearbeitet.
SdR: Und wie war's konkret bei dir? Es schadet ja wohl nicht, wenn man Ahnung von Musik hat, oder?
JRM: Im Gegenteil! Im Verlag gibt es zwar immer eine Fachabteilung, die da bestens Bescheid weiß. Aber auch der Chef vom Ganzen muss wissen, worum es im Kern geht. Insofern kam ich wirklich aus der Praxis, ich habe an der Kölner Musikhochschule studiert und zwei Abschlüsse gemacht – den Diplom-Musikpädagogen und die künstlerische Reifeprüfung im Hauptfach Klavier. Ich bin also von Haus aus ein Klassik-Mensch. Was nicht heißt, dass ich nix für Rockgitarre übrig hätte. Ich besitze auch eine 81er Gibson Les Paul. Ich gebe aber zu, die steht zur Zeit im Keller...
SdR: Du machst diesen Job ja nun schon ein Weilchen. Ganz im Ernst: Wärst du nicht doch lieber Pianist geworden? Ist auf der Bühne zu stehen nicht cooler als den ganzen Tag im Office zu hocken?
JRM: Tja, gute Frage... Musik ist mir nach wie vor sehr, sehr wichtig, aber ich spiele inzwischen relativ wenig. Mir fehlt einfach die Zeit, oder ich bin zu faul oder beides. Und dummerweise muss man beim Klavier ziemlich viel üben. Und man ist dabei viel allein, das ist auch nicht immer das pure Vergnügen. Andererseits, wenn man als Verleger eine frisch gedruckte Notenausgabe vor sich auf dem Tisch hat oder eine tolle Aufführung eines Verlagswerkes bewirkt hat, kann das ein sehr gutes Gefühl sein.
SdR: Gibt’s eigentlich mal eine neue Ausgabe von Schule der Rockgitarre?
JRM: Ohne schon zu viel zu verraten: Ja, Andreas Scheinhütte arbeitet an etwas Neuem! Wird aber erst nächstes Jahr fertig sein.
SdR: Und was habt Ihr sonst für Neuigkeiten, die auch unsere Leser interessieren könnten?
JRM: Hier auf der Website war doch schon mal die Ukulele zu Gast. Sie ist definitiv mehr als eine "Spielzeuggitarre" und wird immer populärer. Speziell Kindern bietet sie tolle Möglichkeiten, ohne großen Aufwand mit dem Musikmachen anzufangen und schnell zu ersten Erfolgserlebnissen zu kommen. Unser Autor Iso Herquist hat einiges vor mit der Ukulele, und seine ersten beiden Hefte bringen wir jetzt zur Frankfurter Musikmesse raus: mehr dazu unter www.ich-spiele-ukulele.de!
SdR: Wenn jetzt jemand Blut geleckt hat, gibt’s die Möglichkeit, ein Verlagspraktikum zu machen?
JRM: Klar, wer Musik mag und trotzdem nicht die Arbeit im Büro oder im Lager scheut, soll sich einfach mal bewerben!