Musik ist eines der wichtigsten Gesprächsthemen auf dem Schulhof. Auch im Unterricht wird sie oft als begleitendes Mittel eingesetzt, um die Lernatmosphäre aufzulockern. Aber kann speziell Rockmusik zur Förderung der Lernfähigkeit von Kindern angewendet werden? Und wenn ja, was sind die Resultate dieses methodischen Einsatzes? Xenia Hatzenbiller hat recherchiert:
Genau wie bei Thema Rock-Therapie vom letzten Monat, gehen die Meinungen und Studien auch über die pädagogischen Effekten weit auseinander. In den frühen 60ern litt Rockmusik generell unter dem Vorurteil, dass sie Menschen angeblich negativ beeinflusst. Diese Einstellung übertrug sich auf auf das Schulprogramm. So stand in den Büchern für Lehrkräfte: "Rock ist unästhetisch und minderwertig, es handelt sich dabei nicht einmal um die Musik im wahren Sinne. Er ist schädlich für die Jugend, sowohl physisch als auch moralisch. Eine traditionelle Lehrerausbildung sieht die Verwendung im Unterricht nicht vor und generell ist Rockmusik rebellisch und für den Einsatz in der Schule ungeeignet." (David. G. Hebert, 2000, "Rock Music in American Schools: Positions and Practices Since the 1960s" in International Journal of Music Education: vol. os-36 no. 1, p. 14-22.)
Nach fast 50 Jahren hat sich die Meinung der Experten stark verändert. Auch in der Pädagogik hat sich in dieser Zeit einiges getan. In den heutigen Lehrbüchern wird die Verwendung von Rock und Pop bevorzugt, da es den Lehrkräften viele didaktische Möglichkeiten bieten. Neben dem Musizieren, dem Singen und dem Tanzen, steht das Musikhören mit der Verarbeitung von Hintergrundinformationen im Mittelpunkt eines Kompetenzerwerbs. Beliebt sind dabei Referate, in denen Schüler zu einzelnen Stilrichtungen, Bands, Musikindustrie und –Equipment Präsentationen erarbeiten und halten. Einerseits ermöglicht diese Methode den Schülern, sich eigenständig ein Thema zu erarbeiten, anderseits birgt sie auch Schwierigkeiten. Musikgeschmack ist sehr individuell und besondere Vorlieben können auch stark polarisieren. Und manche Kinder wollen weder ihren Mitschülern, noch ihren Lehrern ihre Vorlieben mitteilen. Sie verschließen sich dann völlig oder zeigen Desinteresse an Unterrichtsgesprächen. (Sohns, Jan-Arne/ Utikal, Rüdiger (Hg.): Popkultur trifft Schule. Bausteine für eine neue Medienerziehung.Weinheim/ Basel 2009)
Aktuell gibt es nur sehr wenige Studien, welche die Wirkung von harter Musik auf Lerneffizienz der Schüler untersuchen. Eine davon wurde 2007 an der britischen University of Warwick durchgeführt. Im Rahmen des Experiments wurden knapp 1000 Schülerinnen und Schüler zwischen 11 und 18 Jahren über ihre Familie, Schule, Freizeitbeschäftigungen und Musikpräferenzen befragt. Aus der Umfrage resultierte, dass mehr als ein Drittel der begabten Kinder Rock und Metal zu ihren Lieblings-Musikrichtungen zählt. Die Wissenschaftler erklären die Vorliebe der Kinder zu brutaler und provozierender Musik damit, dass sie in der Schule oft mit besonders viel Druck und Frustration kämpfen müssen und diese Genres daher als eine Art Ventil dafür benötigen, um ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen.
Ob Rockmusik erfolgreich zur Lernförderung von SchülerInen eingesetzt werden kann, wurde also noch nicht abschließend erforscht. Jedoch steht eins fest: Wenn Kinder im Unterricht ungezwungen und auf eine spielerische Art mit ihrer Lieblingsmusik konfrontiert werden, zeigen sie deutliche Fortschritte beim Lernen und nehmen das Pensum mit mehr Spaß und Freude auf. (xh)