Aufmerksam geworden war SdR auf die vier Magdeburger bereits Anfang des Jahres im Zusammenhang mit der Soli-Party für die Aktionen gegen den jährlichen Naziaufmarsch. Nun hatte unsere Reporterin Corinna Würzberger die Gelegenheit zu einem ausführlichen und gemütlichen Gespräch mit Pussy con Carne auf der Dachterrasse des Probenraums.
Seit Mitte 2013 spielen Pussy con Carne nun in der aktuellen Zusammensetzung: Nina (Gesang, Gitarre und Megaphon), Stephan (Gesang, Gitarre und Megaphon), Willi (Bass) und Tim (Schlagzeug und Percussion). Im Moment studieren alle noch fleißig, aber die Musikkarriere sehen sie durchaus als sehr attraktive Alternative zur grausigen Vorstellung, den ganzen Tag im Büro zu sitzen. Dass dazu jedoch harte Arbeit und sehr viel Glück gehört, ist ihnen natürlich bewusst. Doch mit dem Einzug in das Finale des "SWM Musicids" Newcomer-Wettbewerbs 2012 kurz nach Bandgründung Ende 2011, der Gelegenheit Frida Gold bei der MDR Sommertour 2013 zu supporten, der EP-Veröffentlichung von "Peace, Love 'n' Shit" im selben Jahr sowie einigen Radioplays haben die Wahl-Magdeburger schon in kurzer Zeit einiges vorzuweisen.
SdR: Hallo liebe Pussies! Super, dass es geklappt hat und vielen Dank dafür! Zu aller erst, müsst ihr mir mal erklären was es mit dem "Sexy Rock" auf sich hat. Was versteht ihr darunter?
Stephan: Ich glaube, das macht sich viel an unseren Texten fest, weil wir über alle Facetten der Liebe singen und spielen und da eigentlich keine Tabus kennen bzw. diese gerne brechen. Es ist aber auch eine Musik, die sehr nach vorne geht, die sehr kontaktfreudig ist, also auch auf die Interaktion mit dem Publikum ausgelegt ist.
Nina: Einerseits geht die Musik ja schon auch in die Hüften und soll tanzbar sein. Andererseits legen wir unsere Show aber auch darauf aus, dass sich die Leute auf unseren Konzerten sexy fühlen, dass sie sich wohlfühlen und einfach alle so sein können, wie sie sein wollen.
Stephan: Ja, weil einfach jeder sexy sein kann tatsächlich, die Leute müssen sich nur trauen!
SdR: Ist das auch eure Message, die ihr rüberbringen wollt: "Jeder kann sexy sein"?
Stephan: Ja, auf jeden Fall. Ich finde, wir leben in einer Zeit, die zunehmend von fragwürdigen Schönheitsidealen geprägt ist. Wir sind alle keine Adonise und Aphroditen [allgemeines Lachen], aber wir wollen sicherlich ein Beispiel sein, in dem wir trotzdem auf der Bühne stehen und uns wohlfühlen dabei. Wenn wir das können, dann kann das jeder und jeder kann eine schöne Zeit haben. Mehr wollen wir nicht, das ist sicherlich kein unverschämtes Ziel, einen schönen Abend zu haben, aber manchmal ist es erstaunlicherweise doch schwer.
SdR: Und das Tabubrechen, soll das schon im Bandnamen angedeutet werden?
Nina: Ich glaube schon, dass wir gerne ein wenig provozieren. Anfangs war mir der Name zu vulgär, aber er bleibt tatsächlich leicht hängen, was ein gutes Argument dafür gewesen ist. Und mittlerweile finde ich es fast schon wieder witzig, weil man die Leute dadurch zum Teil mit ihrer Spießigkeit strietzt.
SdR: Ich hab' auch gesehen, dass ihr euer Logo verändert und das Megaphon integriert habt. Das scheint euch ja sehr wichtig zu sein. Wieso?
Nina: Es ist ein cooles Gimmick und macht Spaß!
Stephan: Ich würde auch sagen, es ist einfach Teil der Message und unseres Selbstverständnisses.
Willi: Das Megaphon ist ja auch ein Symbol: Einer richtet das Wort an alle.
Tim: Genau, es ist laut, es kommt durch, es hat die Aufmerksamkeit und ist immer voller Energie. Und so verstehen wir uns auch auf der Bühne. Wenn wir auf die Bühne gehen, dann geben wir immer alles, sind voller Energie!
SdR: Das merkt man auf jeden Fall! Was bedeutet euch Pussy con Carne?
Tim: Für mich bedeutet es in erster Linie Spaß. Verdammt viel Spaß, aber auch verdammt viel Arbeit und verdammt viel Energie. Es ist wirklich etwas, was mich durchgehend beschäftigt. Die Band spielt in alle Lebensbereiche hinein und formt das Selbst ein Stück weit mit.
Nina: Ja, es ist ein Projekt, dem man sich sehr gerne hingibt. Aber es bedeutet für mich auch Freundschaft. Wir würden auf der Bühne nicht so gut funktionieren, wenn wir uns nicht privat auch so gut verstehen würden.
SdR: Ihr habt ja nun schon einiges mit PcC erlebt. Was war euer Highlight?
Stephan: Der Frida Gold-Support definitiv!
Nina: Das ist wirklich sehr schwer. Denn es gab auch viele kleinere, sehr schöne Konzerte, die dann eben viel intimer und emotionaler waren. Aber der Support von Frida Gold war schon ein Highlight, ich meine, wann spielt man man schon vor mehreren tausend Leuten, mit Live-Übertragung, Interview und allem Drum-und-Dran.
Willi: Ich würde nicht behaupten, dass es das Konzert war, das mir am meisten Spaß gemacht hat, weil es schon viel Stress war und nicht unbedingt so sehr unser Publikum. Aber es war schon eine Messlatte an Professionalität da, die wir uns für die Zukunft wünschen und im Moment ab und zu schmerzlich vermissen [allgemeines Lachen], da hat einfach alles gestimmt.
Stephan: Das macht einen unglaublich hungrig. Wenn du schon so früh so etwas Krasses gespielt hast, obwohl es in Sachsen-Anhalt tausende andere, bessere Bands gibt und wir einfach nur das Glück hatten, dass bei uns angefragt wurde, dann will man das wieder haben!
SdR: Auf eurer Seite bietet ihr provokant die Rettung vor der Elektromusik an. Was stört euch an Elektromusik? [allgemeines Lachen]
Nina: Wir sind manchmal ein bisschen frustriert. Davon, wenn wir ein Konzert spielen, das schlecht besucht ist, hinterher aber ein DJ auflegt und die Bude plötzlich knackevoll ist. Es ist einfach ein bisschen deprimierend, wenn man sieht wie viel Arbeit man selbst in ein Projekt steckt und ich sage jetzt nicht, dass ein DJ keine Arbeit macht, aber es ist bei einer Band mit vier Mitgliedern, wo jeder sein Instrument lernt, einfach doch etwas anderes. Elektro ist gerade so wahnsinnig im Aufschwung und irgendwie ist Live-Musik kaum noch angesagt. Es macht einen dann schon manchmal irgendwie traurig, wenn man sieht, dass Live-Musik kaum noch wertgeschätzt wird.
SdR: Was steht bei euch in Zukunft an?
Nina: Wir wollen gerne ein Album im Sommer 2015 herausbringen, da sind wir gerade in der Vorplanung. Außerdem soll es ein on the road/live-Musikvideo geben, weshalb bei Konzerten jetzt auch schon immer mal wieder Kameramänner dabei sind.
Tim: Das Ziel dieses Jahres war es, etwas mehr über Magdeburg hinaus zu spielen und bekannt zu werden. Und da, denke ich, haben wir unsere Erwartungen jetzt schon übertroffen. Besonders mit der Tour ab Juli, da geht’s auch nach Leipzig, Berlin, Dresden und sogar Riga und Wien.
SdR: Das klingt doch super spannend, vielen Dank für's Interview! Und euch natürlich viel Spaß und Erfolg weiterhin! (cw)