Wenn seine Saiten zu schwingen beginnen, wähnt man sich direkt in einer Strandbar. Die Sonne geht unter, man sieht das Meer und hält einen eiskalten Cocktail in der Hand. "Seventh Street" ist der perfekte Einstieg für diese Platte, die so viele überraschende Momente hat, wie schon lange kein Album mehr, das ich mir anhören durfte. Jesper Munk singt mit seiner rauchig-rauen und angekratzten Stimme dieses bluesige Stück. Und schaut man sich diesen Milch-Bubi an, der ohne weiteres das neue Gesicht auf der Kinder-Schokoladen-Verpackung sein könnte, wundert man sich, woher diese Tiefe in seiner Stimme kommt.
Jesper Munk ist gerade mal 20 Jahre alt. Nur hört man ihm das gar nicht an. Der blonde Schönling ist Sohn einer Dänin und des Münchner Musikers Rainer Germann. Erst vor fünf Jahren lernte er Gitarre zu spielen und schloss sich 2010 der Band Lila's Riot an. Aber weil er ein Rocker der Generation 2.0 ist, hat er ganz solide erst sein Abi gemacht, ehe er sich an sein gerade veröffentlichtes Debüt-Album "For In My Way It Lies" gewagt hat.
"The Everlasting Good" ist ein lässig-groovender Song, den ich in lauen Sommernächten jetzt öfters hören werde. Stimme, Gitarre und das dezente Schlagzeug harmonieren, der rhythmische Wechsel im Song macht ihn so zeitlos und lässt ihn nicht langweilig werden. Auch "You Won't See Me Go" besticht durch seine Schlichtheit und seinen rockigen Charakter. Musikalisch fehlt es der Platte an nichts. Von Rock über Blues, von Jazz bis hin zu Folk – Jesper schafft es, alles harmonisch zu kombinieren. Die ruhige Nummer "Drunk On You" erinnert mich vom musikalischen Aufbau an die Hits von Norah Jones. Das Album ist bewusst "vintage" produziert worden und diese Reduktion auf das Wesentliche macht es so viel ehrlicher und näher als all das, was wir uns Tag für Tag im Radio anzuhören haben. Es passt zur Musik, meint Jesper, "es gibt nur das wieder, was wirklich da ist und das gefällt mir auch auf früheren Platten einfach besser, als das Aufgeblasene".
Dass Jesper nicht nur Gitarre spielen kann ist klar. Aber er schreibt für sein Alter erstaunlich reife Songs: "Ich versuche einfach den Anspruch an mich, bzw. meine Songs so hoch zu halten, dass etwas dabei herauskommt mit dem ich zufrieden sein kann." Aber vor allem kann er mit seiner vollen, warmen, intensiven und fiebrigen Stimme zufrieden sein, die man dem Blondschopf so gar nicht zutraut. Es passiert ihm oft, dass die Menschen überrascht auf seine Stimme reagieren. "Ich denke, dass es daran liegt, dass ich jünger bin als meine Stimme klingt und noch dazu jünger aussehe als ich tatsächlich bin", sagt er dazu.
Auch seine Vorbilder covert er auf seiner Platte – und die Songs von Clint Eastwood, Little Walter, Etta James und Willie Nelson macht er dabei zu seinen eigenen Stücken. Das Album vereint Covers und neue zeitlose Lieder, die man einfach ständig anhören kann, ohne dass sie auf den Geist gehen. Er will Wahrheiten, rohe Eindrücke und Verlangen vermitteln. Seine Musik "muss auf jeden Fall in irgendeine Richtung treiben". Und so geht das Album auch wieder zu Ende: die Sonne ist untergegangen, die Gitarre heult den bluesrockigen Song "Blue Shadows" und Jesper Munk singt so intensiv und intim, dass man sich schwer davon losreißen kann. Man trinkt den letzten Schluck aus und geht zufrieden nach Hause. Unsere Empfehlung ist eindeutig: kaufen, anhören, zu den Gigs hingehen und sich überraschen lassen. (ab)